Bundestagswahl 2025

Wahlplakate der FDP, der Linken und des BSW hängen vor der Bundestagswahl in Kamen.

FDP, Linke und BSW Wahlkampf mit der Fünf-Prozent-Hürde im Nacken

Stand: 09.02.2025 05:23 Uhr

Für die FDP, die Linke und das BSW steht viel auf dem Spiel. Knapp vor der Fünf-Prozent-Schwelle kämpfen sie um den Einzug in den Bundestag. Auch für Union und SPD hängt einiges vom Abschneiden der Parteien ab.

Von Marc Feuser, ARD-Hauptstadtstudio

Wer in den Bundestag als Fraktion einziehen will, muss mehr als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten - oder mindestens drei Direktmandate gewinnen. So ist es auch im neuen Wahlrecht vorgesehen.

Seit Wochen verharren in Umfragen gleich drei Parteien in der Nähe dieser Schwelle: FDP, BSW und die Linke. Alles mit einer für Umfragen üblichen statistischen Schwankungsbreite - ob es alle drei oder keine der Parteien schaffen, ist derzeit also noch völlig offen.

FDP mit Frotzeleien

Die FDP hatte sich einen Wirtschaftswahlkampf vorgenommen. Mit diesem Thema dringt sie derzeit kaum durch. Während der Corona-Pandemie hat die FDP bei der vergangenen Bundestagswahl 2021 besonders stark bei jungen Leuten abgeschnitten: Fast ein Viertel der Erstwählenden stimmte für die Liberalen. Die FDP konnte ein Gesamtergebnis von 11,5 Prozent erzielen. Und jetzt? Liegt die FDP konstant unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Bei einem Wahlkampfauftritt in Dresden versucht FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner es mit Lautstärke und Sticheleien in Richtung von Gegendemonstranten: "Schön die Plakate hochhalten", ruft er der kleinen Menge entgegen, "die ganze Zeit während meiner Rede. Da ist jetzt die Frage, wer ist durchhaltefähiger, ich mit meiner Stimme oder eure Oberarme?"

Dass selbst die eigene Fraktion dem Parteichef jüngst im Bundestag nicht mehr geschlossen folgen wollte - vergessen. Für die Liberalen und Christian Lindner geht es mal wieder um das politische Überleben.

Ein plötzliches Comeback für die Linke?

Die Linkspartei kämpft mit einem anderen Problem: Urbane, junge Linke rennen ihnen die Bude ein. Tausende neue Mitglieder, Tausende neue Follower, Millionen Likes. Die Rede im Bundestag von Linken-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek gegen die Asylpolitik der Union wird millionenfach verbreitet und mausert sich zu einem der meistgesehenen Clips aus dem Plenarsaal.

Manch einer spricht von einem neuen Hype um die Linke - das dürfte manchen wiederum an den Hype um den "Schulz-Zug" von der SPD erinnern und dementsprechend vorsichtig werden lassen. Als Martin Schulz 2017 zum Kanzlerkandidaten der SPD nominiert wurde, war im Internet manchmal ironisch vom "Gott-Kanzler" die Rede. In den Umfragen ging es mit dem Schulz-Zug zunächst bergauf. Am Wahlabend war die Enttäuschung dafür groß und die politische Karriere von Martin Schulz zu Ende.

Linke will mit Mieten und Wohnen punkten

Die Linke versucht die neue Aufmerksamkeit zu nutzen: "Als ich gesagt habe: Wir brauchen einen großen Saal, weil die Linke ist plötzlich wieder cool, hat damit erstens keiner gerechnet und zweitens hat mir keiner geglaubt", sagt Reichinnek im voll besetzten Festsaal in Kreuzberg. Mit ungläubiger Miene schaut sie in Richtung der ungefähr 700 Menschen, die zuschauen. Wer spät kommt, muss stehen. "Und jetzt sprengt ihr hier alle Möglichkeiten, die wir überhaupt haben. Und das ist einfach richtig genial."

Auch inhaltlich zielt die Linkspartei auf die Themen jüngerer Menschen wie Mieten und Wohnen. Ein geplanter NATO-Austritt hat es ebenfalls wieder ins Wahlprogramm geschafft.

Die totgeglaubte Linke steht in den jüngsten Umfragen konstant über fünf Prozent. Kann diesmal sie statt der FDP auf junge Wähler hoffen? "Ob die Linke das am Ende auch in Wählerstimmen umsetzt, muss man abwarten, weil gerade jüngere Wähler eine vergleichsweise niedrige Wahlbeteiligung haben", sagt Wahlforscher Stefan Merz von infratest dimap. "Ob sie wirklich dann zur Wahl gehen, werden wir am 23. Februar erst erfahren."

BSW kämpft gegen Bedeutungsverlust

Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht steht an der Fünf-Prozent-Schwelle. In Brandenburg, Sachsen und Thüringen hat es mit einem Einzug in den Landtag aus dem Stand geklappt. Aber im Bundestag?

Bei einem Wahlkampfauftritt in München gibt sich Sahra Wagenknecht siegesgewiss: "Alleine das Bild auf diesem Platz zeigt doch, wie Unrecht die haben, die da jetzt immer erzählen, das BSW schmiert ab, das ist klein", sagt Wagenknecht mit Blick auf mehrere Hundert Interessierte. "Und ich verspreche euch: Wir werden auch in Zukunft stören, als starke Fraktion im nächsten Bundestag."

Die Ex-Linke Wagenknecht zieht selbst bei Eiseskälte in Müchen Menschen an. Dabei ist Bayern nicht gerade ein Heimspiel für das BSW. Nach der Abstimmung zur Migrationspolitik im Bundestag, bei der das BSW zumindest teilweise mit AfD und CDU zusammen abgestimmt hat, sind in Bayern mehrere teils führende Mitglieder ausgetreten.

Russlands Krieg gegen die Ukraine, eines der Hauptthemen des BSW bei den vergangenen Landtagswahlen, spielt jetzt im Bundestagswahlkampf eine untergeordnete Rolle.

Fünf Prozent können Mehrheiten beeinflussen

Wer kurz vor der Wahl in Umfragen noch unter fünf Prozent liegt, hat es schwer, zeigt eine neue Studie der Universitäten Potsdam und Wien - niemand will seine Stimme verschwenden. Auch für die Mehrheiten im Bundestag hat die Fünf-Prozent-Hürde ganz direkte Auswirkungen: Kommen fünf Fraktionen rein, reichen zwei zur Regierungsbildung – zum Beispiel eine Große Koalition oder Schwarz-Grün.

Schaffen es FDP, Linke und BSW in den kommenden Deutschen Bundestag, gäbe es dort sieben Fraktionen. Selbst Union und SPD bräuchten dann noch eine weitere Partei zum Regieren. Zum Beispiel die FDP oder die Grünen.

Für FDP, Linke und BSW geht es bei dieser Wahl um alles.

FDP, Linke und BSW stellen sich im Bericht aus Berlin den Fragen von Markus Preiß. Ab 18 Uhr im Ersten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 06. Februar 2025 um 22:15 Uhr.