
Verweis auf Koalitionsverhandlungen Aufnahme von Flüchtlingen aus UN-Programm gestoppt
Über ein Programm der Vereinten Nationen nimmt Deutschland jährlich Tausende besonders schutzbedürftige Flüchtlinge auf. Die geschäftsführende Bundesregierung hat es nun vorläufig gestoppt - mit Verweis auf die Koalitionsverhandlungen.
Deutschland hat bei der Umsiedlung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge einen vorübergehenden Aufnahmestopp verhängt.
Mit Verweis auf die laufenden Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD werden vorläufig keine Zusagen für neue Aufnahmen über das Resettlement-Programm mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) gemacht, wie Innenministerium und UNHCR der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.
Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge teilte mit, dass bis zu einer Entscheidung einer neuen Bundesregierung alle Verfahren ausgesetzt und keine weiteren Anträge angenommen würden. Ausnahmen würde lediglich für Fälle gemacht, in denen die Verfahren schon weit fortgeschritten seien.
Bundesregierung hatte jährlich 6.550 Aufnahmen zugesagt
Deutschland hatte dem Flüchtlingswerk und der EU-Kommission, die die Aufnahmen finanziell unterstützt, für die Jahre 2024 und 2025 insgesamt 13.100 Plätze zugesagt. Davon sind nach Daten des UNHCR bislang 5.061 Menschen eingereist. Darunter fallen auch die humanitären Aufnahmen syrischer Flüchtlinge aus der Türkei, die die EU und die Türkei 2016 vereinbart haben.
Beim Resettlement-Verfahren, an dem Deutschland sich seit 2012 beteiligt, schlägt das UNHCR den Aufnahmestaaten besonders schutzbedürftige Menschen vor, die weder in ihr Heimatland zurückkehren noch im Erstaufnahmeland bleiben können.
Deutsche Behördenvertreter führen dann Befragungen und Sicherheitsüberprüfung noch vor Ort durch. Wer aufgenommen wird, muss in Deutschland keinen Asylantrag stellen, sondern bekommt einen Aufenthaltstitel für drei Jahre. Bei erfolgreicher Integration ist später der Weg zur unbefristeten Niederlassung möglich.
UNHCR hofft auf Fortsetzung unter neuer Bundesregierung
Neben dem Resettlement-Programm gibt es zusätzliche humanitäre Aufnahmen, dazu zählen seit 2022 jährlich bis zu 12.000 Plätze für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan. Union und SPD haben in ihrem Sondierungspapier festgelegt, freiwillige Bundesaufnahmeprogramme wie das für Afghanistan so weit wie möglich zu beenden und keine neuen solchen Programme aufzulegen.
Das UN-Flüchtlingswerk in Deutschland nimmt nach Angaben eines Sprechers an, dass die neue Bundesregierung das Resettlement dennoch weiterführen wird, auch wenn andere Programme beendet werden. Deutschland habe sich unter den Regierungen von Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD) sehr zuverlässig beteiligt, sagt Pressesprecher Chris Melzer.
Besonders schutzbedürftige Flüchtlinge
Das UN-Flüchtlingshilfswerk schätzt, dass 2,9 Millionen Flüchtlinge unter dem Resettlement-Programm umgesiedelt werden müssten - ein Zehntel der insgesamt 29 Millionen Flüchtlinge unter seiner Obhut. Infrage kommen beispielsweise verwitwete Mütter kleiner Kinder, Minderjährige, Folteropfer oder Menschen mit Behinderungen oder dringendem Behandlungsbedarf.
Diese Gruppe sei unter den Asylbewerbern, die unerlaubt nach Deutschland einreisen, unterrepräsentiert. Sie können das Geld für Schlepper nicht aufbringen, sind körperlich nicht in der Lage für eine Flucht durch mehrere Länder oder sehen ein zu hohes Risiko, etwa für ihre Kinder.