Europawahl 2024
Europawahl + "Müssen besser darin werden, Probleme zu lösen" +
Grünen-Chefin Lang appelliert in den tagesthemen an die Koalitionspartner, besser zusammenzuarbeiten - und weniger zu streiten. Kanzler Scholz kündigt an, nicht "zur Tagesordnung übergehen" zu wollen. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.
- Lang: "Müssen besser darin werden, Probleme zu lösen"
- Scholz: Nicht zur Tagesordnung übergehen
- FDP-Chef Lindner gibt Kanzler Scholz Rückhalt
- Barley erwägt keine personellen Konsequenzen
- AfD wirft Krah aus EU-Delegation
- Söder fordert Neuwahl des Bundestags
- Tusks Bürgerkoalition in Polen vor PiS
- EVP-Chef Manfred Weber fordert Unterstützung für von der Leyen
Ende des Liveblogs
Damit beenden wir den Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Brennpunkt: Europa hat gewählt
Der ARD-Brennpunkt zur Europawahl 2024 zum Nachschauen in voller Länge:
Lindner: "Land nicht in chaotische Situation führen"
"Ein stabiles Ergebnis" habe seine Partei bei der Europawahl erzielt, sagte FDP-Chef Christian Lindner im ARD-Brennpunkt. Doch "natürlich haben wir höhere Ambitionen". Zum Thema mögliche Neuwahlen erklärte Lindner, man habe einen klaren Regierungsauftrag. "Wir werden unser Land nicht in eine chaotische Situation führen." Richtig sei aber auch: "Es muss sich etwas verändern."
Weidel: "Sind eine Partei, die mit jedem spricht"
Die Wahlen hätten gezeigt, dass die AfD im Osten "absoluter Wahlgewinner" ist, erklärte Parteichefin Alice Weidel im ARD-Brennpunkt. Auf die Frage, ob das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) im Osten ein Gegner oder ein möglicher Partner für die AfD ist, sagte Weidel: "Wir sind eine Partei, die mit jedem spricht." Die AfD sei "offen für Argumente von allen Seiten". Und: "Wir kennen so etwas wie undemokratische Brandmauern nicht."
Klingbeil: "Niederschmetterndes Ergebnis"
SPD-Chef Lars Klingbeil sprach im ARD-Brennpunkt von einem "niederschmetternden Ergebnis" seiner Partei. Man habe viele Stimmen an Nichtwähler verloren, das müsse sich ändern, künftig müsse seine Partei mehr um diese kämpfen.
An den anstehenden Haushaltsverhandlungen müsse nun "mit Hochdruck" gearbeitet werden, sagte Klingbeil. Es müsse "offen diskutiert" werden. Klar sein müsse aber auch: "Anfang Juli muss der Haushalt stehen."
Merz: "Ampel hat in keinem Teil Deutschlands die Mehrheit mehr"
CDU-Chef Friedrich Merz hat im ARD-Brennpunkt der Ampelkoalition die Schuld am starken Ergebnis der AfD und des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei der Europawahl gegeben. "Diese Ampel hat in keinem Teil Deutschlands eine Mehrheit mehr", sagte Merz. "Wenn diese Bundesregierung so weitermacht, spaltet sie dieses Land noch mehr." Seine Partei sie bereit, sofort Regierungsverantwortung zu nehmen.
Frankreichs Rassemblement National will weitere Rechte um sich scharen
Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) in Frankreich will nach ihrem Sieg bei der Europawahl für die von Präsident Emmanuel Macron angesetzte Neuwahl des Parlaments weitere Rechte um sich scharen, auch aus der rechtsextremen Partei Reconquête. "Ich selbst bin vollkommen bereit, mit Persönlichkeiten zu diskutieren, die nicht aus dem Rassemblement National stammen und die den Ehrgeiz teilen, in einigen Wochen einen Teil unserer Ideen an die Macht zu bringen und - auch im Rahmen einer Kohabitation - den Wiederaufbau des Landes einzuleiten", sagte RN-Parteichef Jordan Bardella am Abend in Paris. Eine Kohabitation bedeutet in Frankreich, dass der Präsident und der Premierminister unterschiedliche politische Richtungen vertreten.
Ein erstes Treffen hatte Bardella heute mit der Spitzenkandidatin von Reconquête für die Europawahl, Marion Maréchal. "Ich wollte mich mit ihr unterhalten und über unser heutiges Bestreben sprechen, eine möglichst breite Mehrheit zu bilden." Mit anderen Rechten wolle das RN als nationale Union bei der Parlamentswahl mit dem Ziel antreten, die Regierung und das Amt des Ministerpräsidenten zu übernehmen, sagte Bardella. Mit Maréchal seien noch keine Vereinbarungen getroffen worden. "Im Moment geht es um Diskussionen."
Lang: "Müssen besser darin werden, Probleme zu lösen"
Im Interview mit den tagesthemen hat die Co-Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, eine Aufarbeitung des Ergebnisses ihrer Partei bei der Europawahl angekündigt. Die Analyse sei jedoch nicht einfach im Hinblick auf die Verluste. Lang begründete dies mit Wählerwanderungen in unterschiedliche Lager, zum Beispiel zur Union, aber auch zu Nichtwählern.
Lang räumte ein, dass ihre Partei beispielsweise zu spät auf der Plattform TikTok aktiv gewesen sei, im Gegensatz zur AfD: "Wahrscheinlich waren wir damit zu spät dran, haben diesen Raum auch zu lange den Rechtsextremen überlassen." Trotzdem sei es zu einfach, die Verluste bei jungen Wählern nur der Kommunikationsform und TikTok zuzuschreiben. "Wir müssen uns anschauen, welche Themen treiben die Jungen um und warum gibt es bei so vielen einen Vertrauensverlust in demokratische Parteien; und gerade auch in uns Grüne."
Die Grünen-Politikerin bezeichnete das Wahlergebnis der AfD als "dramatisch", das ein Auftrag für alle demokratischen Parteien sei. "Dieser Auftrag als Erstes geht natürlich an die Regierungsparteien, denn wir tragen gerade die Regierungsverantwortung im Land. Offensichtlich haben wir als Ampel es nicht genug hinbekommen, Menschen Sicherheit zu geben." Auch hier appellierte Lang an ihre Koalitionspartner. "Wir müssen besser darin werden, Probleme zu lösen, Kompromisse einzugehen, dann auch dazu zu stehen und weniger zu streiten."
Scholz: Verteilung von EU-Spitzenposten noch im Juni klären
Bundeskanzler Scholz will die künftige Besetzung der Spitze der EU-Kommission und weiterer wichtiger Posten in Brüssel noch im Juni klären. "Ich bin dafür, dass wir alle diese Herausforderungen in diesem Monat bewältigen - also schnell und zügig entscheiden", sagte er. "Es gibt keinen Anlass, sich viel zu lange damit aufzuhalten."
EU-weit wurde die konservative Europäische Volkspartei (EVP) bei der Europawahl stärkste Kraft, zu der auch CDU und CSU gehören. Die EVP sieht deshalb die von ihr als Spitzenkandidatin ins Rennen geschickte amtierende Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als legitime Anwärterin auf eine zweite Amtszeit in der Brüsseler Behörde.
Ergebnis in Österreich: FPÖ gewinnt mit 25,4 Prozent
Die EU-kritische rechtspopulistische Partei FPÖ hat die Europawahl in Österreich mit 25,4 Prozent der Stimmen für sich entschieden. Laut dem Endergebnis, das nach Auszählung aller Briefwahlstimmen vorlag, wurde die konservative Kanzlerpartei ÖVP mit 24,5 Prozent knapp dahinter auf Platz zwei verwiesen. Die sozialdemokratische SPÖ erhielt 23,2 Prozent der Stimmen.
Die Grünen, die in Österreich gemeinsam mit der ÖVP regieren, kamen auf rund 11,1 Prozent, während die liberalen Neos 10,1 Prozent erhielten. Damit gewann die FPÖ erstmals bei einer bundesweiten Wahl in Österreich die meisten Stimmen. Der Urnengang galt als Test für die österreichische Parlamentswahl im Herbst.
AfD-Chef Chrupalla: "Stolz" über Erfolg bei jungen Wählern
AfD-Parteichef Tino Chrupalla hat sich erfreut über das gute Abschneiden seiner Partei bei jungen Wählern geäußert. Es mache ihn stolz, dass die Jugend "den Kopf zum Denken benutzt" habe und sich von öffentlich-rechtlichen Medien "nicht mehr beeinflussen" lasse, erklärte Chrupalla. Die jungen Menschen hätten erkannt, dass im Land "eine Opposition vernichtet werden" solle. Sie würden spüren, dass die AfD "nicht gerecht behandelt" und "ausgegrenzt" werde.
Die AfD konnte bei der Europawahl bei jüngeren Menschen im Vergleich zur Wahl 2019 noch mal deutlich zulegen. Sie erreichte unter den 16- bis 24-Jährigen 16 Prozent - elf Prozentpunkte mehr als 2019. Erstmals konnten bei dieser Europawahl auch junge Menschen ab 16 Jahren wählen. Chrupalla nannte die Senkung des Wahlalters, von der seine Partei sehr wahrscheinlich profitiert hat, einen "Trick der grünen Populisten". Dieser Trick sei "nach hinten losgegangen", erklärte Chrupalla. Auch das mache ihn stolz.
Scholz: Nicht zur Tagesordnung übergehen
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Koalitionspartner aufgefordert, nach dem schlechten Ergebnis bei der Europawahl für mehr Zustimmung für die eigene Politik zu sorgen. "Keiner ist gut beraten, der jetzt einfach zur Tagesordnung übergehen will", sagte Scholz. Es müsse der Maßstab der Arbeit sein, dass die Zustimmung bis zur Bundestagswahl wieder steigt. "Das Wahlergebnis war für alle drei Regierungsparteien schlecht", betonte der SPD-Politiker.
Sorgen machen müsse man sich über die Stimmen für rechtspopulistische Parteien in Deutschland und anderen Ländern. Es gebe aber eine klare Mehrheit in Europa für Parteien, die sich klassisch für Demokratie und Rechtsstaat einsetzten. Auf eine Unterstützung für eine weitere Amtszeit von Ursula von der Leyen (CDU) als EU-Kommissionspräsidentin legte sich Scholz öffentlich noch nicht fest.
Spanien: Chefin von linker Partei Sumar tritt zurück
Nach dem schlechten Abschneiden ihrer Partei bei der Europawahl in Spanien ist die Chefin der linken Partei Sumar, Yolanda Díaz, zurückgetreten. Ihren Posten als Arbeitsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin in der Regierung werde sie aber behalten, teilte Díaz mit. Sumar ist Teil der linken Regierungskoalition von Ministerpräsident Pedro Sánchez. Bei der Europawahl erreichte sie rund vier Prozent der Stimmen und damit drei der 61 Mandate, die im EU-Parlament auf Spanien entfallen. Zwei Sitze bekam die ebenfalls linke Partei Podemos. Bei der letzten Europawahl waren die beiden Parteien noch gemeinsam in einem Wahlbündnis angetreten und hatten sechs Sitze erobert.
Caritas Europa betont soziale Ziele auch im neuen EU-Parlament
Vor dem Hintergrund des starken Abschneidens der konservativen EVP und rechter Parteien bei der Europawahl will sich Caritas Europa bei den Abgeordneten weiter für Solidarität und globale Gerechtigkeit einsetzen. Es gelte ein soziales Europa zu schaffen, teilte der Dachverband katholischer Wohlfahrtsorganisationen in Brüssel mit. Für ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger in der EU stelle Armut ein dringendes Problem dar, so Caritas Europa. Dies verdeutliche die Notwendigkeit, umfassend gegen die wachsende Verarmung und soziale Ausgrenzung in Europa und weltweit vorzugehen. Als eine der Baustellen für die kommenden fünf Jahre nannte der Dachverband die Umsetzung der Sozialrechte, besonders eine Richtlinie zum Mindesteinkommen. Weiter kündigte die Caritas an, sich für eine migrationsoffene EU, globale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung stark zu machen. In den humanitären Krisen müsse die EU eine wichtige Rolle als prinzipientreuer humanitärer Geber spielen.
Beobachter rechnen mit vorgezogenen Neuwahlen in Irland
In Irland rechnen Beobachter nach einem Sieg des regierenden Mitte-Rechts-Lagers bei der Europawahl und gleichzeitig abgehaltenen Kommunalwahlen mit baldigen Neuwahlen auch auf nationaler Ebene. Mehrere Vertreter der Regierungspartei Fine Gael riefen ihren Parteifreund und Premierminister Simon Harris auf, sich für einen Urnengang vor dem eigentlich bis März kommenden Jahres geplanten Termin einzusetzen. Harris selbst betonte am Sonntag, er wolle die Legislaturperiode zu Ende zu führen.
Vorläufigen Zahlen zufolge legten sowohl die Partei Fine Gael des seit April amtierenden Regierungschef Harris als auch ihre Koalitionspartner Fianna Fail zu. Bei den Kommunalwahlen erreichten sie jeweils rund 20 Prozent der Stimmen, laut Hochrechnungen vom Freitag zeichnete sich auch bei der Europawahl ein Sieg für beide Formationen ab. Die bis vor Kurzem in Irland führende linksnationalistische Sinn Fein erlitt hingegen drastische Verluste: Bei den Kommunalwahlen stürzte sie auf Werte um zwölf Prozent ab, nachdem die Zustimmung zu ihr im vergangenen Jahren in Umfragen noch bei über 30 Prozent gemessen worden war. Beobachter sehen die Verschiebungen vor allem als Folge der irischen Migrationspolitik. Die für Migranten offene Haltung der Sinn Fein ist aufgrund einer Rekordzahl an Asylsuchenden in Irland deutlich weniger populär geworden.
Steinmeier warnt vor Nationalismus
Einen Tag nach dem Rechtsruck bei der Europawahl hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Ort des SS-Massakers im französischen Oradour-sur-Glane vor den Folgen des Nationalismus gewarnt. "Gerade am Tag nach den europäischen Wahlen sage ich: Vergessen wir nie, was Nationalismus und Hass in Europa angerichtet haben", sagte Steinmeier, nachdem er gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron das Ruinendorf besucht hatte. "Vergessen wir nie das Wunder der Versöhnung, das die Europäische Union erreicht hat", betonte der Bundespräsident, der zur Gedenkfeier am 80. Jahrestag des Massakers nach Frankreich gereist war. "Vergessen wir nie den Wert der Freiheit, unserer Freiheit, für die so große Opfer gebracht wurden", fügte er hinzu.
Frank-Walter Steinmeier beim Gedenken in Oradour-sur-Glane: "Vergessen wir nie, was Nationalismus und Hass in Europa angerichtet haben."
Wie junge Menschen gewählt haben
Die meisten Stimmen der 16- bis 24-Jährigen bekamen Union und AfD, aber fast ein Drittel aller Stimmen ging auch an Kleinstparteien. Was steckt dahinter?
Weidel: "Wir haben den Anspruch zu regieren"
Die AfD hat nach den starken Zugewinnen bei der Europawahl vor allem im Osten des Landes ihren Anspruch unterstrichen, regieren zu wollen. "Wenn Sie sich die Ergebnisse in Sachsen anschauen, dann wissen Sie, wer den nächsten Ministerpräsidenten stellt", sagte Co-Parteichefin Alice Weidel in Berlin mit Blick auf die Landtagswahlen im September in drei ostdeutschen Bundesländern. "Wir haben den Anspruch zu regieren." Sie forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, den Weg für eine Neuwahl im Bund freizumachen.
In Berlin trafen sich am Tag nach der Wahl die 15 neu gewählten AfD-Europaabgeordneten zur Bildung ihrer künftigen Delegation im Europaparlament. Aus strategischen Gründen, um sich Kooperationsmöglichkeiten mit rechten Parteien im neu gewählten Europaparlament offenzuhalten, wurde dabei entschieden, dass der umstrittene Spitzenkandidat Maximilian Krah nicht Teil der AfD-Gruppe sein soll.
Parteichefin Alice Weidel: "Wenn Sie sich die Ergebnisse in Sachsen anschauen, dann wissen Sie, wer den nächsten Ministerpräsidenten stellt."
Linke will sich nach Wahldebakel neu aufstellen
Die Führung der Linkspartei hat nach dem Debakel bei der Europawahl einen Neuanfang angekündigt, der mittelfristig auch personelle Konsequenzen nicht ausschließt. Das Wahlergebnis habe gezeigt, dass es der Linken "im Moment an einem klaren Markenkern" fehle, sagte Parteichef Martin Schirdewan in Berlin. Dies müsse die Partei nun angehen: Schirdewan sprach dabei von einem "Neubegründungsprozess der Linken". Entscheidungen zu programmatischen und womöglich auch zu personellen Fragen sollen mit Blick auf den Parteitag im Oktober fallen, wie Schirdewan sagte. Die Partei werde das Wahlergebnis nun intern "sehr gründlich, sehr ehrlich, auch sehr schonungslos besprechen", um sich dann für die Bundestagswahl 2025 aufzustellen.
Die Linke hat im Vergleich zur Europawahl 2019 am Sonntag rund eine Million Stimmen verloren. Ihr Ergebnis bei der EU-Wahl halbierte sich damit auf nur noch 2,7 Prozent. Dagegen erreichte die Linken-Abspaltung Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nur wenige Monate nach der Gründung aus dem Stand 6,2 Prozent.
Das Wahlergebnis habe gezeigt, dass es der Linken "im Moment an einem klaren Markenkern" fehle, erklärt Parteichef Martin Schirdewan.
CDU-Chef Friedrich Merz ist weiterhin gegen eine Senkung des Wahlalters bei der Bundestagswahl von 18 auf 16 Jahre. Nach dem im Grundgesetz festgeschriebenen Wahlalter von 18 Jahren seien Wahlalter und Volljährigkeit sowie das aktive und passive Wahlalter übereinstimmend, sagte Merz in Berlin nach Gremiensitzungen seiner Partei nach der Europawahl. Dabei "sollte es nach unserer Auffassung für Bundestagswahlen bleiben."
Das offensichtliche Kalkül von Teilen der Ampel im Hinblick auf die Herabsetzung des Wahlalters und die Ausschöpfung neuer Wählergruppen sei "erkennbar nicht aufgegangen", sagte Merz. Die Union habe ihre Zuwächse überproportional bei den jüngeren Wählerinnen und Wählern erzielt. "Das gibt uns aber trotzdem keine Veranlassung, jetzt noch einmal eine andere Entscheidung zu treffen im Hinblick auf das Wahlalter bei der Bundestagswahl." Der Unionsfraktionschef ergänzte: "Eine solche Entscheidung treffen wir nicht nach Kalkül, ob wir da möglicherweise Wählergruppen besser erreichen oder weniger gut erreichen. Das ist für uns eine Grundsatzfrage, die etwas mit dem Wahlalter ganz abstrakt zu tun hat."
Die politischen Reaktionen auf die Europawahl in Berlin
Wahlsieg für die Union, Schlappe für die Ampel-Parteien, Erfolg für die AfD - wie die Parteien auf die Ergebnisse der Europawahl reagieren:
Von der Leyen fordert Sozialdemokraten und Liberale zu Kooperation auf
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Sozialdemokraten und Liberale nach dem Wahlsieg ihrer Parteienfamilie EVP bei der Europawahl zu einer Fortsetzung der bisherigen informellen Zusammenarbeit aufgefordert. "In diesen turbulenten Zeiten brauchen wir Stabilität, wir brauchen Verantwortlichkeit und wir brauchen Kontinuität", sagte die CDU-Politikerin bei einer Pressekonferenz in Berlin. Man habe in den vergangenen fünf Jahren "gut und vertrauensvoll konstruktiv zusammengearbeitet". Dies habe ein Fundament geschaffen, an das man nun anknüpfen könne. Zu der Frage, warum sie zunächst keine Gespräche mit den europäischen Grünen führen werde, erklärte sie, die Gespräche mit den Sozialdemokraten und Liberalen seien der erste Schritt, auf den theoretisch weitere folgen könnten.
Klarer Sieg für Italiens Ministerpräsidentin Meloni
Bei der Europawahl in Italien kann sich Ministerpräsidentin Giorgia Meloni über ein starkes Ergebnis freuen. Ihre Partei wurde von mehr als 28 Prozent der Wählenden als stärkste Kraft im Land bestätigt.
SPD will von der Leyen unterstützen
Die Spitzenkandidaten der SPD für die Europawahl, Katarina Barley, hat grundsätzlich die Bereitschaft zur Zusammenarbeit im Europaparlament mit der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen deutlich gemacht. "Dafür stehen wir zur Verfügung", sagte Barley nach Beratungen der SPD-Parteigremien in Berlin. Voraussetzung sei allerdings, dass die EVP sich bei der Mehrheitsfindung nicht auf Rechtspopulisten stütze. Von der Leyen hatte vor der Wahl wiederholt eine Zusammenarbeit mit der rechtsgerichteten EKR-Fraktion im EU-Parlament nicht ausgeschlossen, zu der auch die Fratelli d'Italia der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gehören. Barley kritisierte dies als "ein fatales Signal". Weiter sagte sie: "Wir werden nicht mit Rechtspopulisten zusammen ins Boot steigen", aber "für eine demokratische Mehrheit stehen wir bereit". Sie sei auch "optimistisch, dass das klappen kann".
Migrantisches Netzwerk befürchtet mehr Rassismus
Das Netzwerk für Menschen mit Migrationsgeschichte, "neue deutsche organisationen", befürchtet nach dem Erstarken rechter Parteien bei der Europawahl mehr Rassismus und Antisemitismus. "Die Angst vor einer weiteren Zunahme rassistischer und antisemitischer Übergriffe in Deutschland ist in unseren Communities extrem groß", sagte der Chef des Bunds, Karim El-Helaifi in einer heute veröffentlichten Mitteilung. "Wir sehen eine weitere Normalisierung rechter Gesinnung". Das Netzwerk umfasst nach eigenen Angaben bundesweit knapp 200 Vereine und Organisationen und setzt sich gegen eine Spaltung der Gesellschaft ein.
"Extrem unwahrscheinlich, dass es zu Neuwahlen kommt"
Nach dem schlechten Abschneiden der Ampel-Parteien bei der Europawahl fordert die Opposition Neuwahlen im Bund. Dass es dazu kommt, ist allerdings "extrem unwahrscheinlich", erklärt ARD-Korrespondent Matthias Deiß. Zum einen seien Ampel-Parteien zum jetzigen Zeitpunkt politisch zu schwach, zum anderen stehe die SPD weiterhin hinter Kanzler Olaf Scholz.
Grüne: "Es braucht keine Vertrauensfrage"
Ihr schlechtes Abschneiden bei der Europawahl ist für die Grünen kein Anlass, die Ampelkoalition infrage zu stellen. "Es braucht keine Vertrauensfrage", sagte der Co-Parteivorsitzende Omid Nouripour am Montag in Berlin auf eine Frage nach dem Rückhalt für die Koalition und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Man habe mit SPD und FDP einen Vertrag für vier Jahre geschlossen, an dem man festhalten werde. Mit Blick auf den Stimmenzuwachs der AfD, sei es wichtig, jetzt Lösungen anzubieten, erklärte Nouripour. Das gelte besonders für die laufenden Verhandlungen über den Haushalt für 2025. Die Schlussfolgerung aus der Europawahl dürfe nicht sein, dass die Ampel-Partner Streit öffentlich austrügen.
AfD-Chefin Alice Weidel hat nach der Europawahl eine vorgezogene Bundestagswahl in Deutschland gefordert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) solle dem Beispiel von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron folgen und den Weg für Neuwahlen freimachen, sagte Weidel bei einer Pressekonferenz in Berlin. Die Ampel-Regierung mache Politik gegen die eigene Bevölkerung. "Die Menschen haben es satt", sagte sie. Die AfD habe bei der Wahl einen "Riesen-Erfolg eingefahren". Co-Parteichef Tino Chrupalla betonte vor allem den Erfolg der AfD bei jungen Wählern. Die rebellische Jugend setze auf Protest und lasse sich nicht vorschreiben, was sie zu wählen habe, sagte er.
Grüne zur Unterstützung für von der Leyen bereit
Die Grünen haben sich angeboten, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zu einer zweiten Amtszeit zu verhelfen. "Wir sind zu Verhandlungen zur Bildung einer neuen EU-Kommission bereit", sagte Grünen-Spitzenkandidatin Terry Reintke in Berlin. "Wir wollen mitregieren." Es gehe um Wohlstand, Klimaschutz Frieden und Sicherheit. "Dazu sind wir bereit, Ursula von der Leyen zu einer demokratischen Mehrheit zu verhelfen." In den Verhandlungen würden die Grünen Fragen wie die Weiterführung des Green Deal wie auch Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in der EU in den Mittelpunkt stellen. "Wir machen keine Mehrheiten mit Rechtsextremen", unterstrich Reintke.
Merz sieht Wahlsieg als "Ansporn" für Union
CDU-Chef Friedrich Merz sieht nach dem Sieg der Union bei der Europawahl Rückenwind für die Auseinandersetzung mit der Ampelkoalition in Berlin. Das Ergebnis sei für die Parteien der Bundesregierung "ein komplettes Desaster", sagte er nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Die Grünen seien die großen Verlierer der Wahl. Die Union habe ein deutlich besseres Ergebnis als bei der Bundestagswahl 2021 erzielt. Mit 30 Prozent liege es "an der Untergrenze" dessen, was er erwartet habe. Die CDU werde sich daher nicht zurücklehnen, sondern dies sei "ein Ansporn" weiterzuarbeiten.
Merz wies besonders auf die anstehenden Landtagswahlkämpfe in Ostdeutschland hin. Dass die AfD bei der Europawahl im Osten stärkste Kraft geworden sei, sei eine große Herausforderung für alle Parteien. "Die AfD ist die Partei, die mittlerweile von der Ampel am meisten profitiert." Vor allem von der SPD gingen viele Wähler direkt zur AfD, weil sie unzufrieden seien. Die CDU nehme dies als Auftrag, sich besonders um Themen zu kümmern. Die Union war bei der Europawahl mit 30,0 Prozent klar stärkste Kraft geworden.
Tschechiens Präsident besorgt über Zugewinn für Extremisten
Der tschechische Präsident Petr Pavel hat sich nach der Europawahl besorgt über den Zulauf zu Parteien am Rand des politischen Spektrums in Teilen des Kontinents gezeigt. "Worüber wir nicht hinwegsehen können, ist der Anstieg der Unterstützung für Extremisten in Europa", schrieb der Ex-General auf der Online-Plattform X. "Wir müssen diese Stimmen wahrnehmen und darüber nachdenken, warum dies geschieht", forderte der 62-Jährige. Er drückte die Hoffnung aus, dass die Grundausrichtung der EU bezüglich Sicherheit und Demokratie dennoch unverändert bleiben werde. Konkrete Parteien nannte Pavel nicht.
Von der Leyen: Werde auf Sozialdemokraten und Liberale zugehen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angekündigt, dass sie im neuen europäischen Parlament Gespräche mit den Sozialdemokraten und Liberalen für eine erneute Wahl als Kommissionschefin suchen werde. Die Grünen nannte sie nach der CDU-Präsidiumssitzung nicht.
Wagenkecht: BSW wird im nächsten Bundestag Fraktionsstärke haben
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zeigt sich auch mit Blick auf die nächste Bundestagswahl sehr zuversichtlich. "Wir werden im nächsten Bundestag mit Fraktionsstärke vertreten sein", sagte Parteichefin und Gründerin Wagenknecht in Berlin. Die Ampel-Regierung sollte lieber heute als morgen beendet werden. Allerdings wäre eine Regierung, die von CDU-Chef Friedrich Merz geführt würde, keine bessere Alternative.
Merz pocht auf Unterstützung für von der Leyen
CDU-Chef Friedrich Merz hat Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine zweite Amtszeit vorzuschlagen. Die konservative Parteienfamilie EVP sei klarer Wahlsieger und stärkste Fraktion im neuen Europäischen Parlament. Er gehe davon aus, dass die Bundesregierung das Wahlergebnis nun so interpretiere, dass sie von der Leyen im EU-Rat vorschlage.
Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew fordert Scholz und Macron zum Rücktritt auf
Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew sieht den Ausgang der Europawahl als klares Zeichen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron von ihren Ämtern zurücktreten sollten - "auf den Müllhaufen der Geschichte", wie Medwedew beim Kurznachrichtendienst X schrieb. Die Stimmenverluste seien das Ergebnis der deutschen und französischen Ukraine-Politik sowie der Migrations- und Wirtschaftspolitik beider Länder.
Zugewinne für EVP keine Selbstverständlichkeit
Umfragen vor der Wahl hatten einen Sieg der EVP schon prognostiziert. Trotzdem ist die Erleichterung in den Reihen des Mitte-Rechts-Bündnisses groß. Denn gerade mit der eigenen Spitzenkandidatin hatten einige der Konservativen zu hadern, wie ARD-Korrespondent Christian Feld berichtet.
"Schützen wir unser vereintes Europa"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat vor dem Hintergrund der Stimmengewinne rechtspopulistischer Parteien bei der Europawahl auf einen verstärkten Schutz der demokratischen Werte in der EU gedrängt. "Vergessen wir nie, was Nationalismus und Hass in Europa angerichtet haben. Vergessen wir nie das Wunder der Versöhnung, das die Europäische Union erreicht hat. Schützen wir unser vereintes Europa! Und vergessen wir nie den Wert der Freiheit", sagte Steinmeier in Oradour-sur-Glane im Westen Frankreichs bei einem Gedenken für die Opfer eines SS-Massakers vor genau 80 Jahren.
Wagenknecht spricht von "wunderbarem Start" für BSW
Die ehemalige Parteivize der Linken, Sahra Wagenknecht, ist mit dem Abschneiden des von ihr gegründeten BSW bei der Europawahl sehr zufrieden. "Das ist mehr, als ich erwartet hatte", sagte sie. Es sei richtig gewesen, die neue Partei - das Bündnis Sahra Wagenknecht - zu gründen und ein "wunderbarer Start". Nach dem erstmaligen Antreten bei der Europawahl liege der Fokus nun auf den im Herbst anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Das Ziel seien bei diesen Wahlen zweistellige Ergebnisse für das BSW.
Lindner bekräftigt Führungsfähigkeit des Kanzlers
Trotz der herben Verluste für die SPD bei der Europawahl in Deutschland stärkt FDP-Chef Christian Lindner Bundeskanzler Olaf Scholz den Rücken. Es bestünden keinerlei Zweifel an dessen Führungsfähigkeit. "Warum sollte sich daran etwas geändert haben? Wir haben ein gemeinsames Regierungsprogramm, einen Koalitionsvertrag, an dem wir gemeinsam arbeiten. Und solange sich alle zu der Arbeitsgrundlage bekennen, gibt es ja keinen Grund, Vertrauen infrage zu stellen", sagte Lindner. Die Ampelkoalition müsse das "Signal dieser Europawahl" aber durchaus ernst nehmen.
Zuvor hatten Stimmen aus der Union und AfD eine Neuwahl in Deutschland gefordert. Auch CSU-Chef Markus Söder sprach sich für einen Rücktritt des Kanzlers aus.
Wie haben soziale Medien junge Wählerinnen und Wähler beeinflusst?
Zum ersten Mal durften auch 16- und 17-Jährige in Deutschland ihre Stimme bei der Europawahl abgeben. Welche Themen haben die junge Generation beschäftigt? Und in welchem Ausmaß spielen soziale Medien bei der Meinungsbildung eine Rolle?
Neue Spitze für EU-Delegation der AfD
Die künftige AfD-Delegation im Europaparlament wird vom Thüringer AfD-Vizechef René Aust geführt. Das entschieden die neu gewählten Abgeordneten in Berlin, wie Parteichefin Alice Weidel anschließend mitteilte. Zuvor hatte die Partei mitgeteilt, dass sie ihren Spitzenkandidaten in der Europawahl, Maximilian Krah, aus der Delegation ausschließt. Der ebenfalls durch Korruptionsvorwürfe belastete Bundestagsabgeordnete Petr Bystron soll jedoch der künftigen EU-Delegation angehören.
Barley erwägt keine persönlichen Konsequenzen
Die Spitzenkandidatin der SPD bei der Europawahl, Katarina Barley, will aus dem Wahldebakel ihrer Partei offenbar keine persönlichen Konsequenzen ziehen. "Ich bin im Moment überhaupt nicht mit eigenen Ambitionen beschäftigt", sagte sie nach Beratungen des SPD-Präsidiums. Dabei steht die Frage im Raum, ob sich Barley um eine erneute Amtszeit als stellvertretende Vorsitzende des Europaparlaments bewirbt. Barley sagte dazu: "Das ist ein eigener politischer Bereich, wo eigene Gesetze gelten." So habe auch die Partei der Europaparlamentspräsidentin Roberta Metsola in derer maltesischen Heimat Wahlschlappen erlitten.
Sieg und Niederlage zugleich für Fidesz-Partei in Ungarn
Die ungarische Fidesz-Partei von Regierungschef Viktor Orban ist bei der Europawahl stärkste Kraft geworden - doch gleichzeitig fährt sie ihr schlechtestes Ergebnis seit Langem ein.
SPD-Spitzenkandidatin Barley hält an Bedingungen für Wahl von der Leyens fest
Bereits im Wahlkampf hat die SPD eine mögliche Unterstützung einer zweiten Amtszeit von Ursula von der Leyen an der Spitze der EU-Kommission an eine Bedingung geknüpft: Kein Schulterschluss mit rechtspopulistischen Parteien. Und diese Bedingung gelte nach wie vor, betonte die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley. Die Konservativen der EVP seien die stärkste Kraft und natürlich seien die Sozialdemokraten bereit, eine "demokratische Mehrheit" für von der Leyen zu finden. Dies sei zahlenmäßig auch möglich, sagte Barley und fügte hinzu: "Das machen wir, wenn EVP und Frau von der Leyen sich nicht auf Rechtspopulisten und Rechtsextremisten in ihrer Mehrheitsfindung stützen."
Kühnert räumt Schwächen in Politik der Ampel ein
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sieht die Ursachen für die schlechteren Wahlergebnisse für die Sozialdemokraten auch in der Politik der Ampelregierung. Die SPD habe aus seiner Sicht zwar mit Frieden und Gerechtigkeit die richtigen Themen besetzt. Aber der Partei sei es "nicht glaubwürdig genug gelungen, uns mit diesen Punkten zu verbinden", so Kühnert. Man dürfe nicht beiseite wischen, dass dies auch an Auftreten und Wahrnehmung der Ampelkoalition liege.
Lindner sieht FDP gestärkt
FDP-Parteichef Christian Lindner zieht ein positives Feedback aus der Europawahl in Deutschland. Das Ergebnis für die FDP sei "ein starkes Signal der Stabilisierung, das wir auch politisch nutzen wollen", sagt Lindner in Berlin. Er verwies darauf, dass die Liberalen im Vergleich zur Wahl 2019 insgesamt rund 32.000 Stimmen hinzugewonnen hätten. Lindner betonte, für den Fortbestand der Ampelregierung mit SPD und Grünen sei es Bedingung, dass der Koalitionsvertrag eingehalten werde. Dies gelte auch für die Finanzpolitik und das Einhalten der Schuldenbremse sowie den Verzicht auf Steuererhöhungen.
Hofreiter gegen personelle Konsequenzen
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter schließt trotz Stimmenverlusten einen Wechsel an der Spitze seiner Partei aus. Die Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour seien "ganz klar die Richtigen" in ihrer Position. "Ich glaube nicht, dass die Parteivorsitzenden das zentrale Problem sind. Es ist entscheidend, dass die Regierung besser performt", fügte Hofreiter hinzu.
ZdK besorgt über Erstarken von Rechtsaußen-Parteien
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, hat sich besorgt über das Erstarken der Rechtsaußen-Parteien in ganz Europa geäußert. "Dass die AfD in Deutschland als zweitstärkste Kraft aus den Europawahlen hervorgegangen ist, im Osten der Republik sogar als stärkste, ist ein Krisenzeichen für die liberale Demokratie", erklärte Stetter-Karp in Berlin.
Regierungssprecher: Neuwahlen "zu keiner Sekunde" Thema
Vorgezogene Neuwahlen wie in Frankreich soll es in Deutschland trotz des schlechten Abschneidens der Regierungsparteien bei der Europawahl nicht geben. Das sei "zu keinem Zeitpunkt, keiner Sekunde" Thema gewesen, sagte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, in Berlin. "Der Wahltermin ist im Herbst nächsten Jahres regulär, und das planen wir auch so umzusetzen."
Er verwies insbesondere auf die unterschiedlichen politischen Systeme in Frankreich und in Deutschland. Das Wahlergebnis sei für SPD, Grüne und FDP sei "nicht ersprießlich" ausgefallen. Die Bewertung im Detail müssten aber die einzelnen Parteien abgeben. Die Legislaturperiode sei jedenfalls auf vier Jahre angelegt "und am Ende der vier Jahre wird abgerechnet".
Krah nicht Teil der neuen AfD-Delegation im Europaparlament
Der AfD-Politiker Maximilian Krah wird nicht Teil der künftigen AfD-Delegation im Europaparlament sein. Die neu gewählten Abgeordneten stimmten bei ihrer konstituierenden Sitzung für einen Antrag, Krah nicht aufzunehmen, wie dieser selbst mitteilte.
Deutschlands Wirtschaft fordert nach EU-Wahl "nationale Wirtschaftswende"
Nach der Europawahl haben die Unternehmensverbände in Deutschland eine "nationale Wirtschaftswende" gefordert. Auf Ebene der EU erwarten sie, dass "Ökologie und Wettbewerbsfähigkeit besser ausbalanciert" werden. Wichtige wirtschaftspolitische Themen müssten dort eine "viel größere Rolle spielen".
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sieht im Ergebnis der Europawahl einen "europäischen Politikwechsel". Dieser müsse "auch endlich durch eine nationale Wirtschaftswende begleitet werden", forderte er am Montag in Berlin. Die Erwartungen an das "Aktivierungspaket" der Ampel-Regierung seien in der Wirtschaft hoch und sollten nicht "zum wiederholten Male enttäuscht werden".
Wahlbeteiligung in Kroatien am niedrigsten
Bei der Europawahl gingen in Kroatien im EU-weiten Vergleich in Kroatien die wenigsten Bürgerinnen und Bürger an die Wahlurne. Nur 21,34 Prozent der Wahlberechtigten stimmten ab. Schlusslichter beim Wählen waren zudem Bulgarien mit 31,8 Prozent und Litauen mit 28,9 Prozent.
Die höchste Wahlbeteiligung gab es in Belgien mit 89,2 Prozent, gefolgt von Luxemburg mit 82,3 Prozent. In beiden Ländern herrscht Wahlpflicht. In Deutschland lag die Beteiligung bei 64,8 Prozent - dem höchsten Wert seit der Wiederveinigung.
"AfD profitiert von höherem Bedarf an sozialem Schutz"
Korruptionsvorwürfe gegen die eigenen Spitzenkandidaten, ein mutmaßlicher Spion im Mitarbeiterkreis auf EU-Ebene - und trotzdem legt die AfD an Stimmen zu. ARD-Wahlexperte Jörg Schönenborn mit Hintergründen zum Wählerverhalten.
Niedersachsen stellt neun EU-Parlamentarier
Im EU-Parlament werden weiterhin neun Abgeordnete aus Niedersachsen sitzen. Sie vertreten dort die CDU, SPD, Grüne, FDP, AfD sowie Volt, wie die Landeswahlleitung mitteilte. Auf die CDU entfallen drei Plätze, auf die Sozialdemokraten zwei und die übrigen Parteien erhalten jeweils einen Platz im EU-Parlament.
Die CDU vertreten weiterhin David McAllister, Jens Gieseke und Lena Düpont, bei der SPD gibt es mit Tiemo Wölken und Bernd Lange ebenfalls keine Veränderungen. Für die Grünen sitzt weiterhin Katrin Langensiepen im Parlament, die Partei verliert allerdings einen Platz. Für die FDP bleibt Jan-Christoph Oetjen EU-Abgeordneter. Neu sind Anja Regine Arndt (AfD) und Kai Tegethoff (Volt).
Spahn macht Ampel für Erstarken der AfD verantwortlich
Der CDU-Politiker Jens Spahn hat der Bundesregierung die Verantwortung für die Erfolge der AfD bei der Europawahl gegeben. "Die Politik der Ampel stärkt die extreme Rechte in Deutschland", sagte Spahn vor Beratungen der CDU-Gremien über den Wahlausgang. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister mahnte:
Wie viele Vollklatschen braucht es noch für Olaf Scholz und die Ampel, bis sie endlich ihre Politik ändern in der Wirtschaft, in der Migration, in den entscheidenden Fragen dieses Landes?
Der Bundeskanzler habe "den Friedenskanzler, den Abschiebekanzler und den Rentenkanzler" gegeben und keines dieser Themen habe funktioniert. Scholz habe die Verbindung zu den Bürgerinnen und Bürgern verloren. Spahn sprach von "irreparablen Schäden" im Vertrauen in die Ampel. Nun gehe es um die Frage: "Neustart oder Neuwahlen?"
Welche Partei liegt wo vorn?
Welche Partei in welchen Landkreisen die meisten Stimmen holen konnte - die Ergebnisse auf einen Blick:
Rassemblement National macht Bardella zum Spitzenkandidaten für Neuwahl
Der Rassemblement National (RN) hat bereits seinen Spitzenkandidaten für die angekündigte Neuwahl in Frankreich aufgestellt. Parteichef Jordan Bardella habe als gewählter Europaabgeordneter "bereits die Salbung des Volkes" erhalten, betonte RN-Parteivize Sébastien Chenu. Nun werde er für den Rassemblement National bei den Neuwahlen ins Rennen gehen.
Der RN von Marine Le Pen hatte die Europawahl am Sonntag in Frankreich mit deutlichem Vorsprung gewonnen.
Sozialverband sieht Zeichen tiefer Unzufriedenheit
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) wertet den Ausgang der Europawahl in Deutschland als "Ausdruck einer tiefen Unzufriedenheit weiter Teile der Bevölkerung mit der Politik der vergangenen Jahre" und demzufolge auch als "Arbeitsauftrag an die Bundesregierung". Die Politik müsse das "Protestsignal mehr als ernst nehmen", um die Demokratie zu verteidigen, betonte SoVD-Vorstandschefin Michaela Engelmeier. Auf EU-Ebene forderte sie eine Politik, "die auch die soziale Sicherung stärkt und europäische Steuergerechtigkeit schafft".
Kretschmer: Müssen "Populisten den Nährboden entziehen"
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer drängt auf Konsequenzen aus der Europawahl - nicht nur im Handeln der Ampelkoalition, sondern auch bei der eigenen CDU. "Dieses Land braucht eine stabile Demokratie, aber das gelingt nur, wenn die Demokratie, wenn der Rechtsstaat wirklich die Probleme löst, dann werden wir es schaffen, auch den Populisten den Nährboden zu entziehen", betonte er. Bei der Wahl seien diejenigen, die "gewarnt haben und gefordert haben, dass man sich als Bürger bekennen muss, deutlich abgestraft worden".
Mit Blick auf die in Frankreich angekündigten Neuwahlen stellte Sachsens Regierungschef in die Frahe in den Rau, ob Bundeskanzler Olaf Scholz darüber nachdenken müsse, "ob er das auch tun sollte oder ob er unsere ausgestreckte Hand ergreift und wir gemeinsam die großen Themen klären". Ein Weiter so könne es nicht geben. Zudem müsse man aufhören, "immer nur über andere Parteien zu sprechen, vor Rechtspopulisten zu warnen, uns gegenseitig abzuverlangen, dass wir Bekenntnisse zu allen möglichen Themen abgeben".
Börsenkurse rauschen ins Minus
Die Folgen der Europawahl haben an der Börse für sinkende Kurse gesorgt. Die ausgerufenen Neuwahlen in Frankreich riefen bei Anlegern eine Art Schockmoment hervor. Der Index CAC der größten 40 börsennotierten Unternehmen in Paris sank zu Handelsbeginn um mehr als zwei Prozent und erholte sich danach nur leicht. Er lag am Vormittag rund 1,8 Prozent im Minus. An der Börse in Frankfurt startete der Dax mit knapp 18.428 Punkten 0,7 Prozent im Minus. In Mailand fielen die Kurse am Morgen um 0,8 Prozent.
Auch Söder spricht sich für Neuwahlen aus
Für CSU-Chef Markus Söder hat die Europawahl in Deutschland vor allem eines gezeigt: "Die Ampel hat keinerlei Rückhalt mehr in der Bevölkerung." Darum brauche es schnellstmöglich "Neuwahlen und einen Neustart für unser Land", forderte Bayerns Regierungschef im Interview mit den Sendern RTL und ntv. Vorbild müsse Frankreich sein, wo Präsident Emmanuel Macron angesichts des schlechten Abschneidens seiner Partei Renaissance noch am Sonntag Neuwahlen ausgerufen hatte.
Zentralrat der Juden besorgt über Stimmenzuwachs für AfD
Das starke Abschneiden von populistischen Parteien ruft beim Zentralrat der Juden in Deutschland starke Besorgnis hervor. "Es sollte allen demokratischen Kräften zu denken geben, dass bei der Wahl zum Europäischen Parlament in Deutschland rechts- und linkspopulistische Parteien ein Fünftel der Wählerstimmen bekommen haben", mahnte Zentralratspräsident Josef Schuster. Der Wahlausgang gehe über bloßen Protest der Wählerinnen und Wähler hinaus. Mit Blick auf die AfD fügte Schuster hinzu, es beunruhige ihn sehr, dass gerade diese Partei "mit ihren eindeutigen Bezügen zu rechtsextremem Gedankengut und Verbindungen ihrer Spitzenkandidaten zu diktatorischen Regimen ein solches Ergebnis erreichen konnte.
Weidel fordert Neuwahlen
Mit ihrer Abstimmung bei der Europawahl haben die Wählerinnen und Wähler in Deutschland aus Sicht von AfD-Chefin Alice Weidel sowohl die Ampelkoalition als auch Bundeskanzler Olaf Scholz abgewählt. Darum müsse Scholz nun den Weg für Neuwahlen freimachen, forderte die Parteivorsitzende beim Kurznachrichtendienst X.
Meloni lässt Unterstützung für von der Leyen offen
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat die Frage, ob sie eine zweite Amtszeit von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionschefin unterstützen wird, vorerst offen gelassen. Es sei zu früh für diese Entscheidung, sagte sie in einem Radiointerview. Allerdings betonte sie, dass der Ausgang der Europawahl verdeutliche, dass die EU künftig eine pragmatischere Politik umsetzen müsse.
Melonis rechtspopulistische Partei Fratelli d'Italia wurden mit 28,8 Prozent bei der Europawahl stärkste Kraft.
Tusks Bürgerkoalition siegt in Polen
In Polen hat die liberal-konservative Bürgerkoalition von Ministerpräsident Donald Tusk die Europawahl gewonnen. Laut amtlichem Endergebnis kommt sie auf 37,1 Prozent der Stimmen. Dahinter folgt mit 36,2 Prozent die national-konservative und EU-kritische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die bis zum Machtwechsel im vergangenen Jahr acht Jahre regierte.
Auf Rang drei landet die rechtsextreme Partei Konföderation mit 12,1 Prozent. Tusks Koalitionspartner, das Mitte-Rechts-Bündnis Der Dritte Weg und die Neue Linke, kommen auf 6,9 Prozent beziehungsweise 6,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 40,7 Prozent.
"Es müssen Dinge anders werden"
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil wertet das schlechte Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl als Zeichen, dass die SPD das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen müsse. "Es müssen Dinge anders werden", sagte er im Gespräch mit dem NDR. Künftig werde die SPD ihren Fokus wieder verstärkt auf die arbeitende Mitte legen. "Die SPD geht in einen Modus, in dem wir für diese Menschen kämpfen. Das fängt natürlich jetzt bei den Haushaltsberatungen schon an und muss sich dann auch bis zum Rest der Legislatur durchziehen", sagte Klingbeil.
Die schwierigen Beratungen zum Bundeshaushalt 2025 sieht der SPD-Chef auch als Chance, durch welche die Ampelkoalition insgesamt an Vertrauen zurückgewinnen könne. Die ständigen Streitereien in der Koalition hätten dazu beigetragen, dass der Blick auf die SPD und die Ampelparteien so sei.
Weber drängt auf Unterstützung für von der Leyen
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, hat Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron aufgefordert, eine zweite Amtszeit von Ursula von der Leyen als Chefin der EU-Kommission zu unterstützen. "Wir bieten jetzt Sozialdemokraten und Liberalen die ausgestreckte Hand an und ich warte auf Rückmeldung", sagte Weber im Deutschlandfunk. Um erneut für den Posten antreten zu können, muss von der Leyen von einer qualifizierten Mehrheit der EU-Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen werden.
Die SPD hatte ihre Unterstützung für von der Leyens Wiederwahl allerdings an die Bedingung geknüpft, dass diese eine Kooperation mit der rechtskonservativen EKR-Fraktion ausschließt. Im Wahlkampf hatte sich von der Leyen auch offen für eine Zusammenarbeit mit Rechtsaußen-Politikern gezeigt, etwa mit den postfaschistischen Fratelli d’Italia von Italiens Regierungschefin Georgia Meloni.
Göring-Eckardt ruft demokratische Parteien zur Zusammenarbeit auf
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt sieht nach der Europawahl Handlungsbedarf der der Ampelkoalition. Den Regierungspartnern müsse es wieder gelingen, Fragen von Gerechtigkeit bei ihrer Politik stärker in den Blick zu nehmen. Offenbar habe es die Bundesregierung nicht geschafft, deutlich zu machen, dass Maßnahmen in Zeit großer Umbrüche damit verbunden werden müssten, dass es gerecht zugehe, sagte die Grünen-Politikerin im Deutschlandfunk.
Gleichzeitig rief Göring-Eckardt die demokratischen Parteien in Deutschland zur Zusammenarbeit auf, um dem Erstarken rechtsextremer und populistischer Kräfte bei den Europa- und Kommunalwahlen in Deutschland entgegenzuwirken. Positiv wertete sie die Ergebnisse bei den Stichwahlen um Landratsämter in Thüringen. Diese hätten gezeigt, dass viele Menschen "auf keinen Fall von der AfD regiert werden" wollten.
Auschwitz-Komitee erschüttert über Wahlausgang
Das Internationale Auschwitz Komitee hat entsetzt auf die Ergebnisse der Europawahl reagiert. "Europa verliert und vergisst sich: In immer mehr Ländern gewinnen nationalistische und rechtsextreme Parteien an Einfluss, die eigentlich den europäischen Gedanken verachten, der doch aus den Schrecken des Zweiten Weltkrieges und dem mörderischen Horror der Lager erwachsen ist", schrieb Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Komitees in einer Mitteilung. "Für Überlebende des Holocaust und der deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager ist dieses Wahlergebnis eine deprimierende Zäsur", mahnte er.
CDU-Generalsekretär Linnemann fordert Vertrauensfrage
Angesichts der Verluste für die Ampelparteien bei der Europawahl in Deutschland fordert der Generalsekretär der CDU, Carsten Linnemann, einen Kurswechsel der Bundesregierung. Die Ampelkoalition müsse wieder Politik für die Menschen machen, sagte Linnemann im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Da gehe es darum, ob sie sicher leben könnten, ihr Geld und ihr Arbeitsplatz sicher sei und nicht um die Liberalisierung von Drogen. "Da packen sich die Menschen an den Kopf und sagen, wo leben die eigentlich", so Linnemann.
Auch für das starke Abschneiden der AfD sieht Linnemann die Verantwortung bei der Bundesregierung. "Die Ampel hat den entscheidenden und maßgeblichen Anteil, dass die AfD so stark geworden ist", betonte er. Bereits gestern hatte Linnemann gefordert, Bundeskanzler Olaf Scholz müsse im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, um zu klären, ob er noch den nötigen Rückhalt unter den Abgeordneten genieße.
Der Liveblog von Sonntag zum Nachlesen
Alle EU-Staaten haben gewählt. Wie wurde in Deutschland abgestimmt? Wer gewinnt in den anderen EU-Staaten? Die Entwicklungen zum Nachlesen im Liveblog vom gestrigen Wahltag.