Feuerwerksverbot in den Niederlanden Wohin bloß mit den Böllern?
Der Verkauf von Silvesterfeuerwerk ist in diesem Jahr in Deutschland verboten. Welche Folgen das haben kann, lässt sich in den Niederlanden bereits beobachten: Die Lagerbunker für Pyrotechnik laufen über.
Die Niederländer böllern gern zum Jahreswechsel. Feuerwerk im Wert von 70 Millionen Euro löst sich hier jährlich in Rauch auf - normalerweise, denn in diesem Jahr ist der Verkauf - wie auch in Deutschland - wegen der Corona-Pandemie verboten worden. Und die Händler bleiben auf ihren Vorräten sitzen.
So auch Jasper Groeneveld aus der Provinz Gelderland, der für das niederländische Fernsehen seine hochgesicherten Lagerbunker geöffnet hat. "Wir haben hier 68 solcher Bunker", sagt Groeneveld. "In jeden davon passen etwa 50 Tonnen Feuerwerk. Und sie sind beinahe bis zum Rand voll. Ein paar Container gehen noch rein, dann hört es auf."
China liefert - die Niederlande ächzen
Das wäre kein Problem, wären nicht noch massenweise Container mit Böllern und Raketen unterwegs nach Rotterdam. Die haben die Verkäufer nämlich wie jedes Jahr in China geordert - bevor das Feuerwerksverbot in Kraft trat. Nun liefern die Chinesen und die Verkäufer wissen nicht mehr, wohin mit all dem Sprengstoff.
"Es sind derzeit noch 80 Container mit Feuerwerk unterwegs zu uns", sagt Groeneveld. "Und wenn wir da keine Lösung finden, werden sie nicht hier bei uns in Gelderland eingelagert. Ich will mich ja an meine Auflagen halten - das muss ich sogar."
Lager für Silvesterfeuerwerk: "Den größten Teil davon einfach vernichten"
Branche erhält 40 Millionen Euro Entschädigung
So wie Groeneveld geht es mehreren Importeuren in den Niederlanden. Millionen Kilo sollen in den kommenden Tagen geliefert werden - doch niemand weiß, wohin damit. Die Regierung hat zwar Entschädigungen in Höhe von 40 Millionen Euro für die Branche angekündigt. Explizit sind darin auch Kosten für die Lagerung eingepreist. Nur wohin mit all dem Sprengstoff, darauf gibt es keine Antwort.
Für den Sprengstoffexperten Ad van Riel ist das ein politisches Versäumnis: "Was nun passiert, ist wirklich extrem", sagt er. "Und da braucht es schnell eine Regelung. Es ist wieder einmal so, dass die Regierung eine Entscheidung getroffen hat, ohne über die Folgen nachzudenken."
Angst vor einem zweiten Enschede
In einer Fernsehdiskussion erklärt van Riel, wie brenzlig die Situation sei. Denn Feuerwerk müsse sicher gelagert werden, auch Rettungsdienste müssten wissen, wo möglicherweise hochexplosives Material lagere.
Die Niederlande wollen nicht auf einem Pulverfass sitzen - viele erinnern sich noch an die Katastrophe von Enschede vor 20 Jahren. Damals flog eine Feuerwerksfabrik in die Luft und zerstörte die halbe Stadt. Deswegen will das Land nun alle Knaller loswerden, die nicht mehr sicher gelagert werden können.
Kontrolliertes Abfackeln als Lösung?
Ein Export nach Deutschland war im Gespräch, um das Feuerwerk dort in Bundeswehr-Bunkern zu lagern. Doch dafür braucht es eine spezielle Ausfuhrgenehmigung, die bis zum Jahreswechsel nicht mehr zu bekommen ist. Hinzu kommt, dass Deutschland seine Lagerkapazitäten nun selbst dringend benötigen dürfte, nachdem auch hierzulande vor wenigen Tagen ein Verkaufsverbot für Feuerwerk erlassen wurde.
Für den Experten van Riel gibt es deshalb eigentlich nur eine Lösung: "Meiner Meinung nach müssen wir den größten Teil davon einfach vernichten." Heißt: Anzünden, unter Aufsicht von Experten. Ein schönes Feuerwerk werde es dabei aber nicht geben, so van Riel. Knaller und Raketen massenweise abzufackeln, sei eine gefährliche und schmutzige Angelegenheit. Und die Rauchwolken würden wohl tagelang über den Niederlanden hängen bleiben.