Ursula von der Leyen und Recep Tayyip Erdogan bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz

Von der Leyen bei Erdogan Zu Besuch beim selbstbewussten Nachbarn Syriens

Stand: 17.12.2024 16:55 Uhr

Entschieden tritt die Türkei nach dem Assad-Sturz auf, Präsident Erdogan ist sich seiner strategisch wichtigen Rolle bewusst. Bei der EU-Kommissionspräsidentin warb er für Zusammenarbeit. Von der Leyen sagte weitere Unterstützung zu.

Von Tina Fuchs, ARD-Studio Istanbul

Sie hatten doch mehr Gesprächsbedarf, die EU-Kommissionspräsidentin und das türkische Staatsoberhaupt: Mit einer Stunde Verspätung traten sie vor die Presse. Die Statements blieben dagegen ziemlich kurz.

Gleich zu Beginn hob Erdogan die Rolle der Türkei bei den jüngsten Entwicklungen in Syrien hervor - und verband sie mit der Hoffnung, die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei wieder aufleben zu lassen: "Die Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union ist für die Türkei weiterhin ein strategisches Ziel", sagte der Präsident. "Es ist offensichtlich, dass sie beiden Seiten Vorteile bringt. Die jüngsten Entwicklungen in Syrien machen die Türkei noch wichtiger in ihrer Schlüsselrolle für die Region."

Erdogan will entschieden gegen IS und PKK vorgehen

Nach dem Kollaps von Assads Baath-Partei nach 60 Jahren, sei Syrien nahezu zerstört. Die Türkei stünde an der Seite der Brüder und Schwestern in Syrien, würde es aber nicht zulassen, dass dort ein Sammelpunkt für Terroristen entstünde, betonte Erdogan. "In unserem Gespräch haben wir sowohl den Islamischen Staat als auch die PKK und ihre syrischen Ableger aufgegriffen."

Die Türkei sei das einzige Land und einzige NATO-Mitglied, das beide Terrororganisationen gleichermaßen besiegt habe. "Wir werden auf keinen Fall zulassen, dass sich diese beiden erneut in Syrien etablieren", sagte der türkische Präsident.

Von der Leyen sagt weitere Mittel zu

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen legte im Gespräch einen Schwerpunkt auf humanitäre Hilfe. Sie erinnerte an die Milliarden-Unterstützung, die seitens der EU nach Syrien geflossen sei. "Wir müssen diese Unterstützung mit dem neuen Fokus auf Wiederaufbau fortsetzen", sagte sie. "Das machen wir Schritt für Schritt. Wir müssen in die Diskussion einsteigen, über das Aussetzen der Sanktionen - aber das kann nur erfolgen, wenn ein wirklich friedlicher Übergang in Syrien erkennbar ist."

Für die etwa drei Millionen in der Türkei lebenden Syrerinnen und Syrer stellte sie eine neuerliche Unterstützung in Aussicht: "Ich freue mich, heute eine weitere Milliarde Euro für 2024 anzukündigen, für Gesundheitsversorgung und Bildung für syrische Geflüchtete in der Türkei, ebenso für Migrations- und Grenzaufgaben, und auch die Rückkehr syrischer Flüchtlinge."

EU-Hilfen in Höhe von zehn Milliarden Euro seit 2011

Die EU habe seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs 2011 bislang fast zehn Milliarden Euro für die Unterstützung von Flüchtlingen und ihrer Aufnahmeorte in der Türkei bereitgestellt.

Der politische Übergang zu einem neuen Syrien, so von der Leyen, würde von Syrern bestimmt und läge in deren Händen. Sie ergänzte, dass die gute Zusammenarbeit der EU mit der Türkei, als einem Beitrittskandidaten, weiter vertieft würde.

Tina Fuchs, ARD Istanbul, tagesschau, 17.12.2024 14:50 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 17. Dezember 2024 um 14:00 Uhr.