Universität in Irland Warum das Trinity College den Pro-Palästina-Protesten nachgab
Als erste Uni hatte das irische Trinity College vergangene Woche gegenüber den propalästinensischen Protesten eingelenkt. Das dürfte neben der politischen Stimmung im Land auch finanzielle Gründe gehabt haben.
Während sie vergangene Woche ihre Zelte abbauten, ließen Protestierenden Palästina hochleben und feierten den Sieg über die Universitätsverwaltung des Trinity College. Die irische Hochschule hat zugesagt, bis Juni dieses Jahres Investitionen in israelische Unternehmen zu stoppen, die in den besetzten palästinensischen Gebieten tätig sind.
Außerdem kommt der Uni-Austausch mit Israel auf den Prüfstand und es soll mehr Stipendien für palästinensische Studierende geben. Solche Zugeständnisse hat bisher noch keine Universität an ein Protestcamp in ihrem Vorgarten gemacht.
Laszlo Molnarfi, Präsident der Student Union am Trinity College, zeigte sich zufrieden. "Der Apartheidsstaat Israel begeht Völkermord in Gaza und darum haben wir die Uni aufgefordert, den BDS-Prinzipien zu folgen, um Druck auf Israel auszuüben: Boykottieren, Investitionen beenden, Sanktionieren." Aussagen und Forderungen, die vielfach als antisemitisch eingestuft werden.
Der Bundestag hatte die BDS-Boykottaufrufe 2019 verurteilt. Er stellte fest, dass Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung antisemitisch seien.
Quelle: AFP, KNA
Touristen enttäuscht und sauer
Etwa fünfzig Zelte hatten Studierende auf der gepflegten Rasenfläche vor dem alt-ehrwürdigen Trinity-College mitten in Dublin aufgeschlagen. Das Unigelände war wegen der Proteste tagelang dicht. Enttäuschte Touristen aus aller Welt standen vor verschlossenen Toren.
Für sie gab es keinen Zugang zum historischen "Book of Kells" - die illustrierte Handschrift der vier Evangelien aus dem Jahr 800 ist unerreichbar. "Wir hatten die Tickets vor zwei Monaten gebucht, ich habe mich so drauf gefreut, ich bin wirklich enttäuscht und sauer," beschwert sich eine Touristin.
Rund 350.000 Euro nimmt das College jede Woche mit Eintrittsgeldern für das "Book of Kells" ein. Das dürfte beim Einlenken der Uni eine Rolle gespielt haben, vermutet die Journalistin Jennifer Bray, im Podcast der Irish Times: "350.000 Euro ist viel Geld. Ich würde tippen, das ist ein Drittel der öffentlichen Uni-Mittel."
Pro-palästinensische Einstellung weit verbreitet
Neben finanziellen Gründen sieht Bray eine weitere Ursache für die Zugeständnisse durch die Uni im politischen Klima ihres Landes. Ein drastisches Vorgehen wie in den USA, wo einige Universitäten Protestcamps durch die Polizei räumen ließen, wäre in Irland nicht gut angekommen.
In den USA genießt Israel eine starke Lobby, Irland stehe mehrheitlich auf der Seite Palästinas: "Wir haben als Land traditionell eine propalästinensische Haltung. Es sind nicht nur Studierende, es gibt zum Beispiel auch eine Gruppierung 'Akademiker Pro Palästina'". Rund 1.000 Hochschulbedienstete hätten eine Petition unterschrieben, die die Universitäten zu einer klareren Positionierung gegen Israel aufruft. "Es betrifft die ganze akademische Welt."
Irland will Palästina rasch anerkennen
Conor Reddy, Mediziner am Trinity College, beschrieb im Protestcamp die irische Position: "Diese Geschichte der Solidarität mit den besetzten palästinensischen Gebieten hat mit unserer eigenen Erfahrung der jahrhundertelangen Kolonialisierung durch Großbritannien zu tun. Die Iren kümmern sich und stehen an der Seite von Gaza."
Irland gilt auch als stärkster Unterstützer der palästinensischen Sache in der Europäischen Union. Im vergangenen Monat hatte Irlands Premierminister Simon Harris erklärt, die Republik Irland werde den Staat Palästina in einem relativ kurzen Zeitrahmen anerkennen.
Jüdischer Geldgeber zieht Spende zurück
Doch für ihr Einlenken gegenüber den Studierenden-Protesten zahlt die Universität an anderer Stelle jetzt auch einen Preis: Ein jüdischer Geldgeber hat laut einem Bericht der Irish Times aus Protest seine Spende zurückgezogen.
Der Kinderarzt Edwin Abrahamson hatte erst im vergangenen Jahr ein Stipendium zum Gedenken an seinen Vater, einen einstigen Jurastudenten am Trinity College, ins Leben gerufen. Jetzt wirft er der Uni-Verwaltung in einem Brief vor, "der Herrschaft des Mobs nachgegeben zu haben und das College in eine No-Go-Area für Juden verwandelt zu haben, mit offen wehenden Terroristenflaggen, rassistischen Plakaten und einer Kultur der Angst".
Die Familie seiner Mutter sei im Holocaust abgeschlachtet worden und der Name seines Vaters könne unter den gegebenen Umständen nicht mehr mit dem Trinity College in Verbindung gebracht werden, so Abrahamson. Er habe keine andere Wahl, als das Stipendium zurückzuziehen. Das Trinity College erklärte, man bedauere und respektiere diese Entscheidung.