Eröffnung der Olympischen Spiele Paris hält den Atem an
Eine Show auf der Seine soll heute die Olympischen Spiele einläuten. Erwartet werden 160 Staats- und Regierungschefs, rund 7.000 Athleten und knapp 320.000 Zuschauer. Die Anspannung ist groß, die Innenstadt kaum wiederzuerkennen.
In Paris herrscht flirrende Anspannung. Die Sicherheitszone rund um die Seine ist mit hohen Metallzäunen abgeriegelt. Nur wer einen eigens beantragten QR-Code hat, kommt an den von Gendarmen gesicherten Checkpoints durch.
Zwei Touristinnen aus der Ukraine sind aufgeschmissen. Wie sollen sie jetzt in ihr Hotel kommen? Die Polizisten sind freundlich, aber unerbittlich. Da hilft nur eins: einen Umweg nehmen. Und der ist lang.
Alle - Bewohner und Besucher - müssen sich dieser Tage in Geduld und Gelassenheit üben. Ein außergewöhnliches Ereignis verlangt außergewöhnliche Maßnahmen.
So mancher, der einen QR-Code ergattern konnte, erfüllt sich lang gehegte Träume: Ein Kirchenliebhaber etwa huscht insgeheim jubilierend in die Sainte-Chapelle auf der Île de la Cité, um dieses prächtige Bauwerk ein einziges Mal ohne Touristenmassen zu erleben. Auch die Rue de Rivoli am Louvre liegt dieser Tage wie ausgestorben da.
Alarmstufe Rot
Das Nachsehen haben die Händler. Unter den Arkaden befinden sich ihre Läden - eigentlich in der für alle zugänglichen Zone. Da sie aber direkt an die Gitterzäune der Sicherheitszone grenzen, hat sich zuletzt kaum noch ein Tourist hierher verirrt. Am Freitag müssen die Geschäfte sogar ganz geschlossen bleiben.
Am Tag der Eröffnung steht alles auf Alarmstufe Rot. Der Luftraum bleibt zwischen 18.30 Uhr und Mitternacht in einem Umkreis von 150 Kilometern geschlossen. Mehr als 30.000 Polizisten, Soldaten und Spezialkräfte sind im Einsatz. Innenminister Gérald Darmanin hat immer wieder betont, dass keine Hinweise auf einen Anschlag vorlägen. Aber man will nichts dem Zufall überlassen.
Diese Polizistinnen bewachten schon Donnerstag den gesperrten Place de la Concorde.
Sechs Drohnen pro Tag
Rund 4.400 von insgesamt einer Million Bewerbern hat man schon im Vorfeld den Zugang verweigert: potenzielle Volunteers, Physiotherapeuten, Techniker oder Journalisten. Wer nicht über jeden Zweifel erhaben ist, darf nicht an den Olympischen Spielen mitwirken.
Einige, meist jugendliche, Fanatiker aus dem islamistischen oder rechtsextremen Spektrum wurden vorübergehend festgenommen. Kurz vor Beginn der Zeremonie suchen Minentaucher die Seine ab. Scharfschützen werden auf den Dächern ihre Posten beziehen. Eine Einheit ist darauf angesetzt, verdächtige Drohnen abzufangen. In den vergangenen Wochen waren es im Schnitt sechs pro Tag.
Die zweigeteilte Stadt
Auch der Verkehr wird am späten Nachmittag zum Erliegen kommen. Die Empfehlung ist, schon ab 10 Uhr das Auto nicht mehr zu benutzen. Ab 18 Uhr wird keine Métro-Linie mehr unter der Seine durchfahren. Auch die Brücken bleiben ab 19 Uhr geschlossen. Die Stadt wird zweigeteilt sein, wenn um 19.30 Uhr die Eröffnungsfeier beginnt - und zwar auf dem Fluss. Das gab es noch nie.
Rund 320.000 Zuschauerinnen und Zuschauer werden erwartet. Fast 7.000 Athletinnen und Athleten sollen auf 85 Booten sechs Kilometer weit die Seine entlangfahren. Den Schaulustigen auf den Quais, Brücken und Balkonen der angrenzenden Häuser genauso wie den Millionen Menschen an den Bildschirmen soll das Spektakel à la française den Atem verschlagen.
Die Idee einer Eröffnungsfeier mitten in der Stadt schien eigentlich zu kühn, um sie in die Tat umzusetzen. Das Organisationsteam ist angetreten, um zu beweisen, dass Frankreich es kann. Präsident Emmanuel Macron verriet im Interview bereits, dass die Zeremonie die bewegte Geschichte Frankreichs "von Emanzipation und Freiheit" erzählen wird. Ehrensache.
Gerüchte kursieren, dass Lady Gaga, Céline Dion und die weltweit erfolgreichste frankophone Sängerin Aya Nakamura französische Chansons singen werden. 3.000 Tänzer sollen beteiligt sein.
Vorfreude und Skepsis
Sind also alle voller Vorfreude? Nicht ganz. Knapp die Hälfte der Französinnen und Franzosen gibt an, den Olympischen Spielen gegenüber gleichgültig zu sein. Wer dieser Tage mit Parisern und Pariserinnen spricht, erlebt alle Gemütszustände. Manche sind verärgert, dass die Métros nun noch voller sind. Einige Stationen werden gar nicht angefahren, an manchen Haltestellen sind nur bestimmte Ausgänge geöffnet, so dass man unterirdisch weite Umwege laufen muss.
Andere sind regelrecht stolz darauf, dass Frankreich die Spiele ausrichtet, fiebern der Eröffnungsfeier entgegen. So wie Donald, der am Empfang eines Bürogebäudes in der der Nähe der Champs-Elysées arbeitet: "Das wird eine schöne Show und ein tolles Spektakel. Wir werden einfach einen super Moment miteinander erleben", versichert der Franzose.
In jedem Fall wird es ziemlich einzigartig.