Ungarn und die Ukraine-Hilfe Orban verzichtet auf ein Veto
Ungarn lehnt Hilfen für die Ukraine ab und stellt sich damit gegen die Mehrheit der NATO-Staaten. Generalsekretär Stoltenberg und Premier Orban verständigten sich nun auf einen Kompromiss, der ein Veto Ungarns verhindert.
Ungarn und die NATO arrangieren sich mit ihren unterschiedlichen Ansichten zum Krieg in der Ukraine. Den gemeinsamen Auftritt nutzten sowohl Ministerpräsident Viktor Orban als auch NATO-Chef Jens Stoltenberg, um ihre Standpunkte noch einmal klar zu machen.
"Ungarns Position unterscheidet sich von der der meisten NATO-Mitglieder. Auf die Frage, wie man auf dem kürzesten Weg aus dieser Kriegssituation zum Frieden kommen kann, geben Ungarn und andere unterschiedliche Antworten", erklärte Orban.
Zwei entgegengesetzte Haltungen
Die ungarische Regierung pflegt gute Beziehungen zu Russland. Orban ist der Ansicht, dass der Krieg am schnellsten beendet werden kann, indem man der Ukraine weder mit Waffen noch mit Geld hilft, sich gegen den russischen Angriff zu wehren.
Stoltenberg hingegen machte klar, dass er die Hilfen der NATO als essenziell ansieht, Schlimmeres zu verhindern. "Wir tun all das nicht, um einen Konflikt zu provozieren, sondern um ihn zu verhindern. Die Kernaufgabe der NATO ist es nicht, Krieg zu führen, sondern Krieg zu verhindern."
Wenigstens keine Blockade
Statt sich weiter über die unterschiedlichen Ansichten zu streiten, haben Stoltenberg und Orban die Differenzen nun in eine Abmachung verwandelt. Beim NATO-Gipfel im Juli will Stoltenberg neue finanzielle Ukraine-Hilfen auf den Weg bringen. Außerdem soll nach seinem Willen künftig die NATO die Waffenlieferungen und die Ausbildung für die ukrainische Armee koordinieren. Bisher machen das die USA. Beide Vorhaben sind noch nicht in trockenen Tüchern.
Um wenigstens eine Blockade der Beschlüsse durch Ungarn zu verhindern, haben Stoltenberg und Orban eine Vereinbarung getroffen. An den Aktivitäten werde kein ungarisches Personal teilnehmen, und sie würden auch nicht durch ungarisches Geld unterstützt, erläuterte der NATO-Generalsekretär.
Orban habe ihm zugleich versichert, dass Ungarn sich den Bemühungen nicht entgegenstellen wird. Damit ermögliche er es allen anderen Verbündeten, voranzukommen.
Wie Orban die Welt sieht
Zwar sind NATO-Mitglieder ohnehin nicht verpflichtet, an Aktivitäten des Bündnisses teilzunehmen, solange es nicht etwa um den Bündnisfall geht, also ein NATO-Mitglied angegriffen wird. Dennoch hatte Orban in den letzten Jahren immer wieder versucht, Hilfen jeglicher Art zu blockieren, so auch auf EU-Ebene.
Im vergangenen Wahlkampf stilisierte Orban sich zum Friedensbringer. Seine Wahlkampagne beruhte auf der Behauptung, nur er und seine Partei Fidesz könnten verhindern, dass Ungarn in einen dritten Weltkrieg hineingezogen würde.
Auf dieses Versprechen nahm er heute noch einmal Bezug, eine Nachricht ans heimische Publikum. Er könne weiterhin "garantieren", dass er "Entscheidungen vertreten werde, die dem Standpunkt Ungarns entsprechen" - und er werde "versuchen, sie durchzusetzen".
Nächster Konflikt zeichnet sich ab
Vorerst sind die Differenzen also beigelegt. Auf die Frage, wie Stoltenberg künftig die Einheit der NATO angesichts solcher Mitglieder wie Ungarn bewahren wolle, zeigte Stoltenberg sich zweckoptimistisch. Bei 32 Verbündeten in der NATO gebe es eben manchmal Meinungsunterschiede. Aber wir haben immer wieder bewiesen, dass man sie überwinden und einen gemeinsamen Weg finden könne.
Das könnte schon bald wieder nötig werden. Orban hat schon angekündigt, bei der Wahl eines Nachfolgers von Stoltenberg im Herbst den Niederländer Mark Rutte nicht zu unterstützen. Er ist der Wunschkandidat der meisten anderen NATO-Staaten.