Im Kosovo hat ein Sprengsatz einen Kanal beschädigt.

Kosovo und Serbien Gegenseitige Schuldzuweisungen nach Explosion

Stand: 30.11.2024 14:36 Uhr

Im Kosovo ist ein Sprengsatz an einem Kanal explodiert, der die Wasserkühlung von Kohlekraftwerken gewährleisten soll. Die Regierung beschuldigt das Nachbarland Serbien - dieses weist die Vorwürfe jedoch zurück.

Im stark serbisch besiedelten Norden des Kosovo haben Unbekannte mit einem Sprengsatz einen Wasserkanal beschädigt, der zwei wichtige Kohlekraftwerke versorgt. Verletzt wurde dabei niemand. Ministerpräsident Albin Kurti bezeichnete den Vorfall als einen von Belgrad gesteuerten Terrorakt. 

Serbien sprach von einem "inakzeptablen Sabotageakt" und wies die Anschuldigungen aus dem Nachbarland nachdrücklich zurück. Die Partei der ethnischen Serben des Kosovo, Srpska Lista, verurteilte die Beschädigung des Kanals und verlangte eine Untersuchung durch die NATO-geführte Friedenstruppe KFOR und die EU-Rechtsstaatsmission EULEX. 

Stromversorgung verläuft reibungslos

Durch die Explosion an dem wichtigen Kanal nahe des Ortes Zubin Potok im Nordkosovo wurde ein Versorgungskanal beschädigt, der die Kühlsysteme von zwei Kohlekraftwerken speist, die den größten Teil des Stroms im Kosovo liefern. Der Kanal dient zudem der Trinkwasserversorgung im Kosovo. Der Kanal verläuft vom mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo bis in die Hauptstadt Pristina und liefert auch Trinkwasser. Auf in lokalen Medien veröffentlichten Bildern war zu sehen, wie Wasser aus einer Seite des Kanals austrat.

Kurti nannte zunächst keine Einzelheiten zum Ausmaß der Schäden, warnte aber vor Stromausfällen in Teilen des Landes, sollten die Schäden nicht rasch behoben werden. Später teilte Wirtschaftsminister Artane Rizvanolli mit, dass die Stromversorgung am Morgen reibungslos verlaufe. Die Behörden hätten eine alternative Methode zur Kühlung der Kraftwerke gefunden. Die Reparaturarbeiten waren nach Behördenangaben im Gange.

Regierungschef: "Angriff von Banden ausgeführt"

Im Ort Zubin Potok nahe der Explosion führte Kosovos Polizei eine Großrazzia durch. Auch im Ort Zvecan wurde die Polizeipräsenz verstärkt, nachdem Unbekannte dort die Polizeistation und ein Gemeindegebäude mit Handgranaten angegriffen hatten.

Inzwischen seien mehrere Verdächtige festgenommen worden, sagte Regierungschef Kurti bei einem Besuch an dem Explosionsort im Norden des Landes vor Journalisten. Die von dem Kanal ausgehende Wasserversorgung sei mittlerweile zu 25 Prozent wiederhergestellt worden.

"Der Angriff wurde von Profis durchgeführt. Es ist der nächste kriminelle und terroristische Angriff, von dem wir glauben, dass er von Banden kommt, die von Serbien inszeniert und geleitet werden", sagte Kurti. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic unterstütze diese kriminellen Strukturen. Es gebe von serbischer Seite "das Interesse, die Bereitschaft und die Fähigkeit, solche Angriffe und Schäden anzurichten", wofür auch der Einsatz großer Sprengstoffmengen im aktuellen Fall spreche, sagte Kurti weiter.

Spannungen dauern seit Jahrzehnten an

Kurti verwies auch auf Milan Radoicic, den kosovo-serbischen Geschäftsmann, der sich zur Urheberschaft eines schweren Zwischenfalls vom September 2023 bekannt hatte. Damals hatte ein 30-köpfiger, schwer bewaffneter serbischer Kommandotrupp im nordkosovarischen Banjska bei Mitrovica Stellung bezogen und sich Kämpfe mit der kosovarischen Polizei geliefert. Radoicic floh nach Serbien und wurde dort nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.

Die Spannungen zwischen dem Kosovo und Serbien dauern trotz internationaler Vermittlungsversuche an. Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 1999 mit NATO-Hilfe von Serbien abgespalten und 2008 für unabhängig erklärt. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, erkennen die Unabhängigkeit an. Serbien hat sich jedoch bis heute nicht mit dem Verlust seiner einstigen Provinz abgefunden und fordert diese für sich zurück.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 30. November 2024 um 09:50 Uhr.