Europäischer Gerichtshof Firmen können Kopftuch im Job verbieten
Firmen dürfen das sichtbare Tragen religiöser Zeichen wie Kopftücher verbieten, wenn sie dabei bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden, der damit seine bisherige Rechtsprechung bestätigte.
Unternehmen können ihren Mitarbeitern unter Umständen das Tragen von religiösen Zeichen wie dem Kopftuch verbieten. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.
Anlass für das Urteil war ein Fall aus Belgien. Eine junge Frau, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch trägt, hatte einen Praktikumsplatz bei einer Wohnungsverwaltungsgesellschaft nicht bekommen. Die Begründung war eine interne Neutralitätsregel: Demnach müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darauf achten, dass sie ihre religiösen, philosophischen oder politischen Weltanschauungen weder durch Worte noch durch ihre Kleidung zum Ausdruck bringen. Die Frau weigerte sich ihr Kopftuch abzulegen. Einen Monat später bewarb sie sich erneut und schlug vor, eine andere Art von Kopfbedeckung zu tragen. Darauf hieß es jedoch, dass ihr kein Praktikum angeboten werden könne, da keinerlei Kopfbedeckung erlaubt sei. Sie machte nun geltend, wegen ihrer Religion diskriminiert worden zu sein.
Regelung müsse für alle Beschäftigten gleich sein
Der Europäische Gerichtshof bleibt nun bei seiner bisherigen Rechtsprechung und sagt: Kopftuchverbote am Arbeitsplatz können zulässig sein, wenn es eine interne Unternehmensregel gibt, die es verbietet, religiöse, weltanschauliche oder spirituelle Zeichen offen sichtbar zu tragen. Und wenn diese Regel ohne Unterschiede auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angewendet wird. Im konkreten Fall muss nun das Gericht in Belgien entscheiden. Es ist dabei an die Rechtsauffassung des EuGH gebunden.
Schon im vergangenen Jahr hatte der EuGH zwei Fälle aus Deutschland entschieden. Und wie damals stellt das Gericht auch klar, dass Arbeitgeber es sich nicht zu einfach machen dürften. Denn eine solche Neutralitätsregel könne durchaus eine mittelbare Diskriminierung darstellen, wenn sie nicht angemessen und erforderlich sei und kein rechtmäßiges Ziel verfolge. Der Arbeitgeber muss dem EuGH zufolge ein wirkliches Bedürfnis nachweisen - etwa dass dem Unternehmen ein Nachteil entstehen könnte, wenn religiöse Symbole offen getragen würden. Der bloße Wille für weltanschauliche Neutralität reicht demnach nicht.
Unterschiede in einzelnen Staaten möglich
Außerdem betont der EuGH: In Mitgliedstaaten, in denen die Religionsfreiheit besonders geschützt ist, wie in Deutschland, können Gerichtsentscheidungen religionsfreundlicher ausfallen. "Sofern es einer Abwägung der unterschiedlichen Interessen bedarf, kann entsprechend den innerstaatlichen Wertungen der Religion oder Weltanschauung größeres Gewicht beigemessen werden als der unternehmerischen Freiheit", sagte EuGH-Sprecher Hartmut Ost.
In Deutschland ist die Rechtslage insgesamt recht religionsfreundlich. Wegweisend war das Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Karlsruher Richter setzten für ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen hohe Hürden. Nur wenn im konkreten Fall eine Gefährdung oder Störung des Schulfriedens vorliege, dürfe es ein Verbot geben.
Eine konkrete Störung in einem Unternehmen verlangt auch das Bundesarbeitsgericht, wenn es um Kopftuchverbote am Arbeitsplatz geht. Der Unternehmer muss jeweils genau nachweisen, warum eine strenge Neutralitätsregel in seinem Unternehmen nötig ist. Zusammengefasst: Pauschale Kopftuchverbote sind in Deutschland rechtswidrig, ob in der Schule oder am Arbeitsplatz. Der Grund dafür ist der besondere Schutz der Religionsfreiheit im Grundgesetz. Und der steht auch im Einklang mit dem heutigen Kopftuchurteil des Europäischen Gerichtshofs.
Az: C-344/20