Andrius Kubilius

EU-Verteidigungskommissar Kubilius Seine Waffe heißt Verhandlungsgeschick

Stand: 14.02.2025 08:36 Uhr

Kein Geld, keine Armee, keine Waffen: Auf den ersten Blick sind das schlechte Voraussetzungen für Andrius Kubilius, den neuen EU-Verteidigungskommissar. Dennoch trauen ihm viele zu, in dem Amt etwas erreichen zu können.

Andrius Kubilius ist eine Art Verteidigungsminister für Europa. Doch im Gegensatz zu den "echten" Verteidigungsministern, wie zum Beispiel Boris Pistorius, fehlen ihm ein paar wichtige Dinge.

Bei seiner Anhörung vor dem EU-Parlament zitierte er dazu die New York Times: "Sie nannten mich einen König ohne Land, weil ich ein Verteidigungsminister ohne Waffen und all die anderen Sachen bin, die Verteidigungsminister normalerweise in ihren Ländern haben."

Hoffen auf mehrere Milliarden Euro

Geld hat Kubilius zum Beispiel auch nicht. Aber das will er ändern. Er will 500 Milliarden Euro für Raketen, Munition und Luftabwehr eintreiben und 200 Milliarden Euro für bessere Straßen und Brücken, damit diese auch einen Panzer aushalten.

Er lässt keinen Zweifel daran, dass Europa mehr Geld für seine Verteidigung ausgeben müsse. Das mag mit der Lebensgeschichte des 68-jährigen Litauers zusammenhängen: "Als ich zwölf Jahre alt war, hatten die Russen mein Land besetzt", sagte er in Brüssel.

Später studierte er Physik und nach dem Abzug der Russen aus Litauen ging er in die Politik. Zweimal war er Regierungschef seines Landes. Seit sechs Jahren sitzt er im Europaparlament.

Überzeugungsarbeit bei den Regierungschefs

Und nun ist er der erste Verteidigungskommissar Europas. Sein Verhandlungsgeschick ist die einzige Waffe, die er hat. Er muss die Regierungschefs überzeugen, mehr Geld für die Sicherheit auszugeben und die Rüstungsindustrie, dass sie sich auf einheitliche Standards und Plattformen einigt.

Bislang gelinge ihm das ganz gut, meint Daniel Caspary, CDU-Europaabgeordneter in Brüssel: "Es geht jetzt darum, dass wir in Europa die Plattform bilden für gemeinsame Beschaffungsprojekte - damit wir über größere Losgrößen bessere Preise und bessere Wartung erzielen. Ich nehme ihn dabei sehr engagiert wahr."

Weißbuch zur Verteidigungsstrategie im März

Auch bei vielen Diskussionsrunden, die gerade in Brüssel zum Thema Verteidigung stattfinden, fällt immer wieder sein Name. Die Hoffnungen sind groß, dass mit einem eigenen Kommissar das Thema an Bedeutung gewinnt. Mitte März legt er das erste Weißbuch vor. Darin stehen die Grundlagen für die künftige Sicherheit und Verteidigung der Europäische Union.    

Die Nähe seines Landes zu Russland dürfte bei seiner Arbeit eine wichtige Rolle spielen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat mit Kubilius und mit Kaja Kallas die beiden wichtigsten Posten für europäische Außen- und Sicherheitspolitik in die Hände zweier Osteuropäer gelegt. Kallas, die ehemalige Regierungschefin aus Estland, ist die oberste Diplomatin der EU. Auch sie schreibt an dem Weißbuch mit.

Ein König ohne Land - so ganz falsch ist das Bild des ersten europäischen Verteidigungskommissars nicht. Verteidigung ist erstmal Sache der einzelnen EU-Länder. Und wenn sie schon Strategien, Soldaten, Kampfjets und Trainingseinheiten abgeben, dann an die NATO.

Rau statt geschmeidig

Während NATO-Generalsekretär Mark Rutte immer glatt und geschmeidig auftritt, wirkt Kubilius eher rau. Bei seiner Anhörung im EU-Parlament las er jedes Wort vom Blatt ab. Was ihm hilft: Viele EU-Staaten sind bereit, mehr Geld für Verteidigung auszugeben, da nicht sicher ist, wie stark die USA Europa in Zukunft noch unterstützen.

Die Zukunft Europas liegt Kubilius auch persönlich am Herzen: "Vor einigen Monaten wurde mein vierter Enkel, Vincentus, geboren. Ich habe dieses kleine Baby gehalten und gedacht, du wirst das Ende des 21. Jahrhunderts erleben", erzählte er auf einer Konferenz in Brüssel.

Kubilius und seine Frau, eine erfolgreiche Geigerin, haben zwei Söhne. Er selbst ist ein begeisterter Radfahrer und organisiert jeden Sommer Radtouren. Das zumindest hat er mit dem NATO-Chef Rutte gemeinsam.

Mit 68 Jahren dürfte es seine einzige Amtszeit als Verteidigungskommissar sein. Zu verlieren hat er nicht mehr viel, aber mit der Sicherheit Europas viel zu gewinnen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 14. Februar 2025 um 14:00 Uhr.