Biden-Besuch in Kiew Mutmacher im Kriegsgebiet
Der Überraschungsbesuch von US-Präsident Biden in Kiew war weit mehr als Symbolik. Kurz vor dem Jahrestag der russischen Invasion versprach er weitere Waffenlieferungen - zu einem für die Ukraine idealen Zeitpunkt.
Der Besuch dauerte nur ein paar Stunden: ein Gespräch im Marinsky-Palast, ein Besuch an der Wand für gefallene Soldaten am Michaelskloster, eine Pressekonferenz. Aber allein, dass US-Präsident Joe Biden nach Kiew gereist war, in diesen Zeiten - für Staatschef Wolodymyr Selenskyj war das eine wichtige symbolische Geste.
"Wir sind seit den ersten Minuten des Krieges in ständigem Kontakt mit Mr. President. Und dieser erste Besuch des US-Präsidenten in der Ukraine seit 15 Jahren ist der wichtigste in der gesamten Geschichte der ukrainisch-amerikanischen Beziehungen", sagte Selenskyj. Denn diese Zeit sei die schwierigste.
Biden: "Freiheit ist unbezahlbar"
Wie schwierig die Zeiten sind, musste Biden merken, als er das Wand-Mahnmal für die gefallenen Soldaten besuchte. In Kiew wie im Rest der Ukraine herrschte Luftalarm, weil russische Kampfjets im Nachbarland Belarus abgehoben hatten. Mit den Sirenen bekam Biden einen - wenn auch nur kurzen - Eindruck vom Kriegsalltag in Kiew.
Auf der Pressekonferenz erinnerte er daran, wie er vor einem Jahr, bei Kriegsausbruch, mit Selenskyj telefoniert hatte. Wie der ihm von Explosionen erzählte, die er im Hintergrund höre. Und wie Selenskyj ihm sagte, dass er nicht wisse, wann er wieder mit ihm sprechen könne. Das werde er nie vergessen, sagte Biden.
Ein Jahr später stehe Kiew, die Ukraine und die Demokratie: "Sie und alle Ukrainer erinnern die Welt jeden Tag daran, was das Wort 'Mut' bedeutet. Sie erinnern uns daran, dass Freiheit unbezahlbar ist." Dass man dafür kämpfen müsse, so lange wie nötig. "Und so lange werden wir mit Ihnen sein, Herr Präsident", verspricht Biden.
Was plant Putin?
Biden versprach Selenskyj bei seinem Besuch aber nicht nur politische, sondern auch zusätzliche militärische Hilfe in Höhe von einer halben Milliarde Dollar. Dazu gehören Munition, Panzerabwehrraketen und Radarsysteme zur Luftüberwachung. Auch über weitere Waffenlieferungen und "Waffen mit großer Reichweite" sollen die beiden Selenskyj zufolge gesprochen haben. Dabei ging er aber nicht weiter ins Detail.
Für Selenskyj ist Bidens Besuch wertvoll - und der Zeitpunkt ideal. Am Freitag jährt sich Invasion Russlands. In der Ukraine fragen sich viele, was Kremlchef Wladimir Putin militärisch für die kommenden Tage und Wochen plant und wie gut das Land darauf vorbereitet ist. Und dann sind da die Berichte, dass Russland möglicherweise Militärhilfe aus China bekommt.
Berater: Historischer Besuch
Da können die Botschaften von Biden wie eine zusätzliche Motivationsspritze wirken. "Der heutige Besuch von Biden wird für immer in die Geschichte der Beziehungen zwischen der Ukraine und den Vereinigten Staaten eingehen", meint Anton Heraschenko, der Berater des ukrainischen Innenministers ist.
Dies sei ohne Zweifel ein historischer Besuch. "Wir alle warten auf eine Entscheidung über die Übergabe von Langstreckenraketen an uns. Dies wird es uns möglich machen, russische Reserven an Orten, wo diese konzentriert sind, zu zerstören. Das wird uns unserem Sieg noch näherbringen."
Große Hoffnungen in die USA
Ob und wann diese kommen werden, ist allerdings unklar. Sicher ist: Bidens Besuch stimmt in der Ukraine viele Menschen optimistischer. Denn alle wissen: Die militärische Hilfe aus Europa ist wichtig. Und die aus den USA erst recht.