Demonstranten schwenken die Nationalflagge bei Protesten in Belgrad

Zehntausende in Serbiens Hauptstadt Großdemo in Belgrad gestartet

Stand: 15.03.2025 17:59 Uhr

Nach einem tödlichen Unglück wächst der Widerstand gegen den serbischen Präsident Vucic. Zehntausende Menschen haben sich zu einer Demonstration in Belgrad versammelt. Auch Anhänger von Vucic sind auf den Straßen.

Zehntausende Menschen haben sich in Belgrad zu einer Großdemonstration gegen Korruption und gegen die serbische Regierung versammelt. Teilnehmer reisten aus dem ganzen Land in die Hauptstadt; schon Stunden vor Beginn der Demonstration waren Tausende Menschen auf den Straßen. Der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt.

Die Demonstration könnte die größte gegen die Regierung werden, die jemals in Serbien organisiert wurde. Vor Beginn der Demonstration hatte Präsident Aleksandar Vucic wiederholt vor Unruhen gewarnt und mit Festnahmen und harten Strafen gedroht.

Demonstranten kommen zu Fuß oder mit Fahrrad

Rund 31.000 Menschen hatten sich laut Innenministerium bereits gestern Abend in Belgrad versammelt, um die Ankunft der Demonstrierenden zu feiern. Einige waren seit Tagen zu Fuß aus ganz Serbien in die Hauptstadt marschiert oder mit dem Fahrrad gefahren. "Ganz Serbien hat sich aufgelehnt, das erlebt man nicht alle Tage. Ich glaube, das ist das Ende des Regimes", sagte der Teilnehmer Slobodan Horvat.

Auch Unterstützer der Regierung von Präsident Vucic waren bereits gestern vor Ort, darunter Ultranationalisten, Mitglieder militanter Gruppen und mutmaßliche Hooligans, die in der Nähe des Parlaments Barrikaden aufbauten.

EU hat zur Vermeidung von Gewalt aufgerufen

Dort versammelten sich die Demonstranten heute zu Beginn ihres Protestes, der bis zum Abend dauern soll. EU und UN hatten die Regierung in Belgrad schon im Vorfeld dazu angehalten, das Demonstrationsrecht zu respektieren und Gewalt zu vermeiden.

Studierendenverbände riefen in Onlinemedien dazu auf, "ruhig und verantwortungsvoll" zu demonstrieren. "Das Ziel der Bewegung ist es nicht, in Institutionen einzudringen oder diejenigen anzugreifen, die anders denken als wir", hieß es. "Diese Bewegung darf nicht missbraucht werden."

Vucic verweigert Rücktritt

"Wir werden alles in unsere Macht stehende tun, um die Demonstration abzusichern", versuchte Vucic, der seit 13 Jahren im Amt ist, Bedenken zu beruhigen. Gleichzeitig drohte er, als Präsident werde er nicht zulassen, "dass die Straße die Regeln diktiert". Er hob hervor: "Nur um das klar zu machen, ich lasse mich nicht unter Druck setzen."

Demonstranten versammeln sich während einer Protestaktion vor dem serbischen Parlamentsgebäude

Demonstranten versammeln sich vor dem serbischen Parlamentsgebäude.

Vorschläge für eine Übergangsregierung, die eine Neuwahl in sechs Monaten ansetzen könnte, hat der Staatschef zurückgewiesen. Er werde "nur wenn sie mich töten", zurücktreten, sagte Vuvic. Er hat die Proteste als einen vom Westen orchestrierten Plan beschrieben, ihn von der Macht zu vertreiben und Serbien zu zerstören.

Mehrere Festnahmen im Rahmen der Proteste

Regierungsangaben zufolge wurden über Nacht bereits 13 Menschen festgenommen. Darunter seien sechs Aktivisten, die im Verdacht stünden, "Aktionen gegen die verfassungsmäßige Ordnung und die Sicherheit in Serbien" geplant zu haben.

In einem Vorort von Belgrad wurde ein Mann festgenommen, der mit seinem Auto in Demonstranten gefahren war und dabei drei Menschen verletzt hatte. Hunderte Polizisten sind heute in und um Regierungsgebäude sowie vor dem Präsidentenpalast im Einsatz.

Unglück mit 15 Toten löste Protestwelle aus

Die von Studierenden angeführten Proteste hatten nach dem Einsturz eines Bahnhofsvordachs in der Stadt Novi Sad am 1. November begonnen, bei dem 15 Menschen ums Leben gekommen waren. Das Unglück befeuerte die Wut über die Korruption in Serbien, die Proteste richten sich inzwischen zunehmend gegen Vucics Regierung.

Über Monate kommt es seither im ganzen Land zu großen Protesten. Vor Beginn der heutigen Demonstration hielten Teilnehmer um 11.52 Uhr, dem Zeitpunkt des Unglücks in Novi Sad, eine 15-minütige Mahnwache für die Opfer ab.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 15. März 2025 um 18:00 Uhr.