Öltanker vor Jemen UN warnen vor Ölpest im Roten Meer
Seit Jahren dümpelt ein rostender Öltanker vor der Küste des Jemen. Jederzeit könnte er explodieren. Das Öl muss dringend abgepumpt werden. Dass nichts passiert, liegt Aktivisten zufolge auch an Deutschland.
Jeden Tag steigt die Wahrscheinlichkeit einer Ölpest vor der Küste des Jemen - wenn es so weit kommt, wäre das Ausmaß viermal größer als der Unfall der Exxon Valdez in Alaska vor mehr als 30 Jahren.
Dort liegt die "FSO Safer" vor Anker: 1976 gebaut, 260 Meter lang. Seit 1987 wird der rötlich-rostige Megatanker als schwimmender Speicher genutzt. Er hat 180 Millionen Liter Rohöl geladen - eine hochexplosive Fracht. Seit dem Beginn des Bürgerkriegs im Jemen wurde die "Safer" nicht mehr gewartet.
Am Bug sind Lecks sichtbar. Viele Ventile und Leitungen sind marode, Maschinen defekt. Gas kann aus dem Rumpf nicht mehr abgepumpt werden. "Das Öl könnte jederzeit explodieren", warnt David Gressly, UN-Koordinator für den Jemen. Anderenfalls zerbreche das Schiff einfach. Alle Experten seien sich einig, dass das Schiff im letzten Stadium vor dem Zerfall sei. Und das ausgerechnet vor den Herbststürmen im Roten Meer: "Die Stürme nehmen von Oktober bis Dezember zu. In der Zeit ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass das Schiff auseinanderbricht."
Katastrophale Folgen für Jahrzehnte
Die Folgen wären für die gesamte Region katastrophal. Nicht nur Fischgründe im Roten Meer würden auf Jahrzehnte zerstört. Zweihunderttausend Fischer hätten damit keine Lebensgrundlage mehr. Das Wasser zu reinigen, würde nach UN-Schätzungen 20 Milliarden Euro kosten - Geld, das bei humanitärer Hilfe fehlen würde.
Auch der Hafen von Hodeida wäre blockiert - die Lebensader des Jemen, über die Hilfsgüter, Treibstoff, Medikamente für die notleidende Bevölkerung des Jemen geliefert werden. Andere Häfen am Roten Meer in Somalia oder Dschibuti wären ebenfalls betroffen, glaubt Gressly. Zudem müsste der Schiffsverkehr über den Suez-Kanal gestoppt werden mit verheerenden wirtschaftlichen Folgen für die Weltwirtschaft. Manfred Santen von Greenpeace warnt: "Wir steuern auf eine Katastrophe zu". Deshalb sei es so wichtig, genau jetzt zu handeln, bevor die stürmische Jahreszeit beginnt.
Deutschland hat noch nicht gezahlt
Was zu tun ist, um die Katastrophe abzuwenden, ist bekannt. Die Vereinten Nationen haben im März einen ausgeklügelten Plan entwickelt, um das Öl auf ein anderes Schiff abzupumpen und sicher zu lagern. Die Notoperation würde etwa 80 Millionen Euro kosten. Bei einer Geberkonferenz im Mai, an der auch das Auswärtige Amt teilnahm, wurden 70 Millionen Euro zugesagt. Lediglich zehn Millionen fehlen.
David Gressly macht Druck: "Sie müssen jetzt liefern! Wir können ohne das Geld nicht loslegen." Etliche Länder hätten Geld zugesagt, aber noch nichts ausgezahlt.
Manfred Santen von Greenpeace ergänzt: "Es kann nicht sein, dass diese zehn Millionen Euro, die jetzt noch fehlen, der Grund dafür sein sollen, dass man diese Katastrophe sehenden Auges in Kauf nimmt." Denn sei es erst einmal zu spät, warnt er, würden die Folgen Milliarden verschlingen.
Angst vor neuer Hiobsbotschaft
Deutschland habe seinen zugesagten Beitrag von acht Millionen Euro noch nicht ausgezahlt, sagt Greenpeace. "Dass nicht alle Gebernationen bezahlt haben, ist schon erstaunlich und auch empörend", meint Santen.
Und so passiert weiter nichts. Der Herbst steht vor der Tür. Die Sorgen steigen, dass die Hilfe zu spät kommen könnte. Vor allem bei den Menschen im Jemen.
Nach sieben Jahren Krieg sind dort 20 Millionen Menschen auf Hilfslieferungen angewiesen. Viele leiden Hunger, gerade Kinder. Läuft die "FSO Safer" aus, müssten sämtliche Hilfslieferungen über das Meer gestoppt werden. Es wäre eine neue Hiobsbotschaft für die Menschen in einer der schlimmsten Krisen der Welt.