Ein Mann trägt eine verletzte Person in der Nähe des südlibanesischen Dorfes Kfar Kila, im Hintergrund ist eine Flagge der Hisbollah zu sehen.

Spannungen im Südlibanon Tote und Verletzte durch israelischen Beschuss

Stand: 26.01.2025 13:56 Uhr

Im Südlibanon kommt es erneut zu Spannungen. Israels Militär hat dem Libanon zufolge auf zurückkehrende Menschen geschossen und mehrere Menschen getötet. Dabei ist die vereinbarte Frist zum Abzug der israelischen Truppen heute abgelaufen.

Nach Ablauf der 60-Tage-Frist im Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon sind durch israelischen Beschuss nach libanesischen Angaben mindestens elf Menschen getötet und 83 weitere verletzt worden. Das Gesundheitsministerium erklärte, israelische Soldaten seien gewaltsam gegen zurückkehrende Bewohner mehrerer Dörfer im Südlibanon vorgegangen. Israels Militär teilte auf Anfrage mit, Verdächtige hätten sich Truppen genähert und die israelischen Soldaten deshalb Warnschüsse abgegeben, um Bedrohungen abzuwenden. Mehrere Personen seien festgenommen worden und würden vor Ort verhört. Angaben zu möglichen Opfern machte die Armee zunächst nicht.

Seit dem frühen Morgen versammelten sich Anwohner im Raum Kafr Kila nahe der israelischen Grenze, wie die Staatsagentur NNA berichtete. In einem Video in den sozialen Medien kam eine Gruppe von Anwohnern vor einem israelischen Panzer zum Stehen, andere versammelten sich vor Blockaden der israelischen Armee auf Landstraßen. Teils kam es zu Stau. 

UN: Rückkehr im Moment nicht möglich

Die israelische Armee warnte Anwohner vor einer Rückkehr in ihre Wohnorte und warf der Terrororganisation Hisbollah vor, die Spannungen anzuheizen. Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, schwenkten gelbe Flaggen der Hisbollah, wie auf Bildern zu sehen war.

Viele Menschen sind entschlossen in ihre Häuser zurückzukehren. "Wir haben das Recht", sagte ein Mann namens Mohammed der Nachrichtenagentur dpa. Ein weiterer Mann, Ali, sagte gegenüber den Journalisten, die Frist von 60 Tagen für den vereinbarten Abzug der israelischen Truppen aus dem Libanon sei abgelaufen. "Sie hätten abziehen sollen. Sie sind Besatzer, und dies ist unser Land."

Die Zustände im Land erlaubten noch keine Rückkehr der Bewohner im Süden, erklärte UN-Sonderkoordinatorin Jeanine Hennis-Plasschaert. Zwar sei die Gewalt im Land deutlich zurückgegangen. Zugleich gebe es immer wieder Verstöße gegen die UN-Resolution 1701. Deren Umsetzung sei der einzige Weg, um "das jüngste dunkle Kapitel des Konflikts zu beenden und ein neues zu öffnen", teilte Hennis-Plasschaert mit. 

Die israelische Armee bemühte sich laut Augenzeugen, Anwohner so gut wie möglich aus Orten fernzuhalten, in denen die Truppen weiterhin stationiert sind. Man werde über Orte für eine sichere Rückkehr im Süden informieren, teilte die Armee mit. "Bis dahin bitten wir Sie, abzuwarten." Bisherige Anordnungen über nicht zugängliche Gebiete blieben wirksam.

Libanons Präsident Joseph Aoun erklärte: "Ich teile die Freude der Menschen im Süden über den Triumph der Gerechtigkeit und rufe sie zur Zurückhaltung auf und zum Vertrauen in die (libanesischen) Streitkräfte."

Netanjahu hatte verspäteten Rückzug angekündigt

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hatte bereits angekündigt, dass sich der für diesen Sonntag geplante Abzug der Armee aus dem Südlibanon verzögern werde. Er begründete das mit dem ausgebliebenen Nachrücken der libanesischen Armee. Das sei nicht vollständig umgesetzt, teilte Netanjahus Büro mit. Die libanesischen Truppen sollen die Einhaltung der Waffenruhe sicherstellen und eine Rückkehr der Hisbollah verhindern.

Die libanesische Armee erklärte dagegen, die Verzögerungen bei der Umsetzung des Abkommens seien "auf den zögerlichen Rückzug des israelischen Feindes zurückzuführen". Welche Darstellung zutrifft, lässt sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Abkommen gilt seit dem 27. November

Die Waffenruhe zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah war am 27. November in Kraft getreten. Zuvor hatten sich beide Seiten zwei Monate lang mit großer Härte bekämpft. Seit Inkrafttreten der Waffenruhe beschuldigen sich beide Seiten regelmäßig, diese zu verletzten.

Das Abkommen sah eigentlich vor, dass die israelische Armee den Südlibanon innerhalb von 60 Tagen schrittweise verlässt. Die Hisbollah soll sich ebenfalls aus dem Grenzgebiet bis hinter den Fluss Litani zurückziehen und ihre militärischen Stützpunkte auflösen.

Karte mit Israel, Libanon und dem Fluss Litani

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 26. Januar 2025 um 10:03 Uhr.