Vor US-Zwischenwahlen Biden verspricht Abtreibungsgesetz
Kurz vor den Zwischenwahlen hat US-Präsident Biden für Januar ein Gesetz in Aussicht gestellt, welches das Recht auf Abtreibung im ganzen Land schützt. Eine schnelle Umsetzung des Versprechens ist aber aus mehreren Gründen unwahrscheinlich.
US-Präsident Joe Biden versucht kurz vor den Kongresswahlen im November, mit dem Thema Abtreibung die Wählerschaft seiner Demokratischen Partei zu mobilisieren. Sollte seine Partei im kommenden Jahr eine ausreichende Mehrheit haben, werde er dem Kongress als erste Amtshandlung 2023 einen Gesetzesentwurf vorlegen, der das Recht auf Abtreibung bundesweit schützt, sagte Biden in Washington. "Und wenn der Kongress es verabschiedet, werde ich es im Januar unterzeichnen." Es gilt allerdings als höchst unwahrscheinlich, dass Biden diese Ankündigung wird umsetzen können.
Eine Mehrheit der Bevölkerung unterstützt laut Umfragen das Recht auf Abtreibung. Allerdings zeigen Umfragen auch, dass die Wählerinnen und Wähler derzeit vor allem auf Wirtschaftsfragen schauen.
Historisches Urteil kippt Recht auf Abtreibung
Bis Ende Juni sicherte ein Urteil des Supreme Court von 1973 das Recht auf Abtreibung - Schwangerschaftsabbrüche waren bundesweit mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt. Diese Entscheidung wurde von der aktuellen Mehrheit konservativer Richter innerhalb des Gerichts im Sommer mit einem historischen Urteil aufgehoben. Damit können die Parlamente in den Bundesstaaten oder der Kongress per Gesetz entscheiden, ob und wie Abtreibung erlaubt oder verboten ist. In zahlreichen Bundesstaaten sind Abtreibungen nun weitgehend verboten.
"Die Wut, die Sorge, die Fassungslosigkeit"
Biden forderte die Zuhörerinnen und Zuhörer im Howard Theatre auf, sich daran zu erinnern, wie sie sich gefühlt hätten, als die konservative Mehrheit am Obersten Gerichtshof im Juni das Grundsatzurteil von 1973 im Fall Roe gegen Wade gekippt habe, das das Recht auf Abtreibung festgeschrieben hatte. "Die Wut, die Sorge, die Fassungslosigkeit", sagte der Präsident.
Wiederholt kritisierte er scharf Republikaner, die auf Einschränkungen von Abtreibungen bis hin zum Verbot eines Abbruchs ohne Ausnahmen dringen und in von ihnen regierten US-Staaten bereits durchgesetzt haben. "Der einzige sichere Weg, diese extremistischen Gesetze zu stoppen, die die Gesundheit und Rechte von Frauen gefährden, ist, dass der Kongress ein (Bundes-) Gesetz verabschiedet", sagte Biden.
Biden kündigt Veto gegen bundesweites Verbot an
Ein bundesweites Gesetz gibt es bisher nicht. Nach der Entscheidung des Supreme Court kam es landesweit zu Protesten. Biden und seine Demokraten verurteilten die Entscheidung und griffen das Gericht an. Seitdem versuchen die Demokraten, mit dem Thema Anhängerinnen und Anhänger zu mobilisieren. "Wenn sich die Republikaner mit einem nationalen Verbot durchsetzen, wird es keine Rolle spielen, wo Sie in Amerika leben", warnte Biden nun in seiner Rede. Er würde als US-Präsident zwar sein Veto gegen ein bundesweites Verbot einlegen. Entscheidend sei aber, dass der Kongress ein bundesweites Gesetz verabschiede, welches das Recht auf Abtreibung schütze.
Option: Filibuster aussetzen
Das ist allerdings gar nicht so einfach. Mehrmals sind die Demokraten seit Juni mit einem Bundesgesetz zum Recht auf Abtreibung gescheitert, da ihnen die notwendige Mehrheit im Senat fehlt. Das dürfte sich auch nach den Kongresswahlen kaum ändern. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Demokraten die Kontrolle über das Repräsentantenhaus behalten und noch genügend Sitze im Senat hinzugewinnen, um im Senat den Filibuster zu überwinden und ein solches Gesetz durch den Kongress zu bringen.
Eine realistischere Option wäre also, den Filibuster bei der Abtreibungsgesetzgebung auszusetzen. Zuletzt hatte sich Biden nach langem Sträuben doch offen dafür gezeigt. Im Moment aber haben die Demokraten im Senat dafür noch nicht mal in den eigenen Reihen genug Stimmen. Es ist fraglich, ob sich das nach den Wahlen ändern wird.
Durch Dauerreden - manchmal genügt schon die bloße Androhung - kann eine Minderheit eine Beschlussfassung verhindern oder verzögern. Denn US-Senatorinnen und -Senatoren können laut Geschäftsordnung so lange reden, wie sie wollen.
Die längste Rede hielt Strom Thurmond aus South Carolina im August 1957: 24 Stunden, 18 Minuten.