Menschen in Goma fliehen vor der vorrückenden Rebellengruppe M23.

Demokratische Republik Kongo Rebellen nehmen offenbar Goma ein

Stand: 27.01.2025 02:41 Uhr

Im Osten der Demokratischen Republik Kongo spitzt sich die Krise weiter zu. Die Rebellengruppe M23 nahm nach eigenen Angaben die Millionenstadt Goma ein. Hunderttausende Menschen sind laut UN auf der Flucht.

Die Rebellen der M23-Bewegung haben nach eigenen Angaben die Kontrolle über Goma, die größte Stadt im Osten der Demokratischen Republik Kongo, übernommen. "Wir haben Goma eingenommen und den Soldaten befohlen, sich bis drei Uhr Ortszeit zu ergeben", sagte Corneille Nangaa, Anführer der Congo River Alliance, zu der auch die M23 gehört, der Nachrichtenagentur Reuters. "Goma ist in unseren Händen." Von unabhängiger Seite konnten die Angaben bisher nicht überprüft werden.

Die von Ruanda unterstützte M23 war in den vergangenen Tagen auf die Millionenstadt Goma, Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu, vorgerückt. Bereits am Sonntagabend waren die Rebellen bis nach Munigi vorgedrungen, einem etwa neun Kilometer vom Stadtzentrum entfernten Vorort. Laut Nangaa durften Soldaten der Armee nach Verhandlungen Goma per Boot in Richtung Bukavu verlassen.

UN-Sicherheitsrat berät in Sondersitzung

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) kam am Sonntag zusammen, um die Lage zu erörtern und warnte vor einer möglichen Ausweitung des Konflikts auf die gesamte Region. "Die Straßen sind blockiert und der Flughafen kann nicht mehr für Evakuierungen oder humanitäre Hilfe genutzt werden", berichtete Bintou Keita, Leiterin der UN-Mission im Kongo, dem Sicherheitsrat. "Mit anderen Worten: Wir sitzen in der Falle."

Die US-Regierung, Frankreich und Großbritannien verurteilten die mutmaßliche Unterstützung der Rebellen durch Ruanda. UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, er fordere "die ruandischen Streitkräfte auf, ihre Unterstützung für die M23 einzustellen" und sich aus dem Kongo zurückzuziehen. 

Sowohl die kongolesische Regierung als auch UN-Experten werfen Ruanda vor, die M23 zu unterstützen. Nach einem Expertenbericht befinden sich mehr als 1.000 ruandische Soldaten in der Region.

Ruanda weist Vorwürfe zurück

Die kongolesische Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner nannte das Eindringen ruandischer Soldaten eine "Kriegserklärung". Die Kämpfe müssten umgehend gestoppt werden, forderte die Außenministerin. Mehr als drei Millionen Zivilisten sowie humanitäre Helfer würden "von den Aggressoren als Geiseln genommen" und "als Schutzschild missbraucht", kritisierte sie. Ruanda bereite sich auf ein "Blutbad unter freiem Himmel" vor. Wagner forderte Sanktionen gegen Ruanda, darunter ein Embargo auf Mineralienexporte aus dem Land. 

Ruanda wies die Anschuldigungen zurück. "Die gegenwärtige Krise hätte vermieden werden können, wenn die kongolesische Regierung ein echtes Engagement für den Frieden gezeigt hätte", sagte Ruandas UN-Botschafter Ernest Rwamucyo. Das Land nennt gleichzeitig die Präsenz von burundischen Soldaten und Hutu-Rebellen im Ostkongo eine Bedrohung für den eigenen Staat. 

Grenzregionen seit rund 30 Jahren umkämpft

Die ostkongolesischen Grenzregionen gelten seit dem Völkermord in Ruanda 1994 als äußerst instabil. Die M23 (Bewegung 23. März) hat sich dabei als stärkste bewaffnete Gruppe erwiesen. Seit 2021 hat sie weite Gebiete im Osten des Kongo erobert.

Zuletzt weitete die M23 ihre Kämpfe massiv aus. Innerhalb von drei Wochen sind deswegen nach UN-Angaben 400.000 Menschen vertrieben worden. Den Rebellen werden Morde und massenhafte Vergewaltigungen vorgeworfen. Aufgrund der Gewalt musste das Welternährungsprogramm seine Nothilfe vorübergehend einstellen.

Wichtige Rohstoffe für die Elektroindustrie

Im Dezember 2024 waren Friedensverhandlungen zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda unter Vermittlung Angolas gescheitert. Ein Treffen zwischen dem kongolesischen Präsidenten Felix Tshisekedi und Ruandas Präsident Paul Kagame wurde in letzter Minute abgesagt.

Der rohstoffreiche Kongo ist unter anderem weltweit einer der wichtigsten Produzenten des Erz Coltan, aus dem vorrangig das Metall Tantal gewonnen wird. Das ist für die Herstellung von Laptops, Smartphones oder den Batterien von Elektroautos wichtig. Die M23 kontrolliert in den von der Miliz eroberten Gebieten auch den Abbau des Coltan.

Antje Diekhans, ARD Nairobi, tagesschau, 27.01.2025 05:51 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 27. Januar 2025 um 04:42 Uhr.